Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufliche Rehabilitation. Erwerbsfähigkeit der letzten ausgeübten Tätigkeit. Verweisung auf eine frühere ausgeübte Tätigkeit als Bürokraft
Orientierungssatz
Im Bereich der Teilhabeleistungen finden die Grundsätze, die zu der Ermittlung zumutbarer Verweisungstätigkeiten bei der Frage nach der Berufsunfähigkeit iS des § 240 SGB 6 entwickelt worden sind (Mehrstufenschema des BSG) keine Anwendung. Teilhabeleistungen können somit nicht mit der Begründung verweigert werden, die Erwerbsfähigkeit sei zwar im bisherigen Beruf gefährdet oder gemindert, reiche aber aus, um Verweisungstätigkeiten iS des § 240 Abs 2 SGB 6 noch auszuüben (vgl BSG vom 29.2.1968 - 4 RJ 423/66 = BSGE 28,18 = SozR Nr 4 zu § 1236 RVO). Nach dem ab dem 1.1.2001 für ab dem 2.1.1961 geborene Versicherte geltenden Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, §§ 33, 240 SGB 6, würden Teilhabeleistungen weitestgehend obsolet werden, wenn man die Verweisungsgrundsätze zur Berufsunfähigkeit heranzöge.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die 1955 geborene Klägerin erlernte nach dem Besuch der Hauptschule von 1971 bis 1973 den Beruf der Teilezeichnerin und arbeitete ab 1973 bei der AEG O W, später O Vertriebsgesellschaft mbH, in diesem Beruf. Von 1974 bis 1975 besuchte sie neben ihrer Berufstätigkeit die Abendschule und bildete sich zur Detailkonstrukteurin fort. Sie arbeitete als technische Zeichnerin bis 1978, von 1979 bis 1984 arbeitete sie als Sachbearbeiterin und Zeichnerin, von 1984 bis 1989 als Sachbearbeiterin Systemdefinition, von 1990 bis 1992 als Sachbearbeiterin Marketing und von 1993 bis zur betriebsbedingten Kündigung im März 1997 als Sachbearbeiterin technische Dienste. Von Juni 1999 bis Dezember 1999 absolvierte sie eine Ausbildung zur Pflegeassistentin und begann im März 2000 eine Umschulung zur examinierten Altenpflegerin, die sie wegen der Aufnahme eines Arbeitsplatzes als Pflegehelferin in einem Pflegedienst abbrach. Seit dem 28. Februar 2002 ist die Klägerin arbeitsunfähig krank. Ihr Beschäftigungsverhältnis endete durch Kündigung seitens des Arbeitgebers am 28. Februar 2003.
Im Anschluss an die vom 26. Dezember 2002 bis zum 22. Januar 2003 in der Reha-Klinik L durchgeführte medizinische Heilmaßnahme zur Rehabilitation, aus der die Klägerin arbeitsunfähig entlassen wurde und in der eine Prüfung berufsfördernder Maßnahmen angeregt wurde, leitete die Beklagte die Prüfung von Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben ein und zog den Entlassungsbericht der Reha-Klinik L vom 31. Januar 2003 bei. Darin wurden als Diagnosen ein Bandscheibenvorfall L5/S1 mit chronisch lumbalgieformen Schmerzen, eine Bandscheibenprotrusion L3/4 und L4/5, ein Hohlrundrücken, eine myostatische Dysbalance der Rumpfmuskulatur und eine Gonarthrose rechts festgestellt. Zum Leistungsvermögen führten die behandelnden Ärzte aus, dass die Klägerin in der Lage sei, als Altenpflegehelferin täglich drei bis unter sechs Stunden zu arbeiten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zeitweise im Stehen, im Gehen und im Sitzen vollschichtig verrichten. Vermieden werden müssten Tätigkeiten über Kopf, Haltearbeiten in Anteversionsstellung der Arme, Hebe- und Trageleistungen von mehr als acht Kilogramm, Tätigkeiten nur im Stehen und Gehen sowie im Hocken, Knien, auf Leitern oder Gerüsten, bei überwiegend sitzenden Tätigkeiten solle die Möglichkeit zum Haltungswechsel bestehen. Angeregt wurden berufsfördernde Maßnahmen.
Mit Bescheid vom 29. April 2003 lehnte die Beklagte Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab, da Tätigkeiten als Bürokraft weiterhin ausgeübt werden könnten, ohne dass es zu einer Gefährdung der Erwerbsfähigkeit komme.
Auf den Widerspruch der Klägerin zog die Beklagte das Arbeitszeugnis der O Vertriebsgesellschaft mbH vom 31. März 1997 bei, wonach die Klägerin als Sachbearbeiterin in der "technischen Produktdokumentation" folgende Aufgaben verrichtet hatte: Erledigung der anfallenden Korrespondenz, Bearbeiten der Ein- und Ausgangspost, Terminplanung und -überwachung, Reisevorbereitung und Erstellung von Reisekostenabrechnungen, Führen von Anwesenheits- und Urlaubslisten, Bearbeiten von Bestellungen und Rechnungen, Erstellen und Führen von Statistiken und Erstellen und Verwaltung der umfangreichen Produktdokumentation. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Unter Berücksichtigung des festgestellten medizinischen Sachverhalts seien Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben zulasten des Rentenversicherungsträgers nicht erforderlich, da die Klägerin die Tätigkeit als Bürokraft ohne erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit ausüben könne. Für die Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes sei die Zuständigkeit der Arbeitsverwaltung gegeben.
Dagegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass sie...