Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Genehmigungsfiktion. hinreichend bestimmter Antrag. vier verschiedene Anträge auf psychotherapeutische Leistungen durch vier verschiedene Therapeuten. Behandlung bei einem außervertraglichen Psychotherapeuten
Orientierungssatz
1. Hinreichend bestimmte und damit fiktionsfähige Anträge iS des § 13 Abs 3a SGB 5 liegen nicht vor, wenn ein Versicherter am selben Tag vier verschiedene Anträge auf psychotherapeutische Leistungen durch vier verschiedene Therapeuten gestellt hat.
2. Die Genehmigungsfiktion tritt nicht ein, wenn der Versicherte eine Behandlung durch einen außervertraglichen Psychotherapeuten beantragt hat und er bereits früher darauf hingewiesen wurde, dass die Krankenkasse nur Therapien bei Vertragspsychotherapeuten genehmigen werde.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 14. März 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Feststellung, dass die Anträge der Klägerin vom 15. August 2016 auf Gewährung außervertraglicher Psychotherapie als genehmigt gelten sowie die Kostenerstattung von außervertraglichen Psychotherapien.
Die 1982 geborene Klägerin nahm spätestens seit 2005 ambulante psychotherapeutische Unterstützung von verschiedenen Behandlern in Anspruch. So bewilligte die Beklagte ihr ausweislich des Schreibens vom 9. Mai 2012 in dem Verfahren S 44 KR 77/12 ER am 21. Januar, 30. Juli 2005 und 23. Mai 2006 25 Sitzungen sowie insgesamt 60 Fortführungssitzungen bei dem Therapeuten L. und am 3. Juli 2007 50 Sitzungen bei dem Therapeuten M. sowie am 31. Dezember 2007 30 Fortführungssitzungen. Die Beklagte übersandte der Klägerin im März 2009 eine Liste mit 150 Vertragstherapeuten und bot ihr Hilfe bei der Therapeutensuche an. Sie bewilligte der Klägerin eine Langzeittherapie in 45 Einzelsitzungen in Form der Verhaltenstherapie bei dem Vertragstherapeuten Diplom-Psychologe N., O., als Vertragsleistung, die sie in der Zeit vom 9. Oktober 2009 bis 24. September 2010 durchführte und die von dem Therapeuten direkt mit der Beklagten abgerechnet wurden. Die Beklagte gewährte der Klägerin im Rahmen einer Kulanzentscheidung zudem eine außervertragliche Therapie bei dem Diplom-Psychologen P., O., der eine Privatpraxis betreibt und bei dem sie sich seit März 2009 in Behandlung befand. Von Februar 2009 bis August 2010 absolvierte die Klägerin zudem noch fünf probatorische Sitzungen und weitere psychotherapeutische Gespräche bei dem Psychologischen Psychotherapeuten Q. (siehe Bescheinigung des Diplom-Psychologen Q. vom 5. November 2010).
Im August 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut 25 Sitzungen bei Herrn R., die die Beklagte nach einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ablehnte. Aufgrund der chronifizierten psychischen Störung wurde die Anbindung an eine Psychiatrische Institutsambulanz für sinnvoll erachtet.
Die Klägerin stellte am 24. Januar 2012 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht (SG) Hannover (Az S 44 KR 77/12 ER), mit dem sie die Bewilligung einer psychotherapeutischen Langzeittherapie bei Herrn R. begehrte. Im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem SG am 21. Mai 2012 verpflichtete sich die Beklagte im Rahmen eines Vergleichs, der Klägerin insgesamt noch 55 Stunden tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bei dem Therapeuten R. zu bewilligen. Insgesamt führte er eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie über mindestens 80 Sitzungen durch, die die Beklagte übernahm (Schreiben des Diplom Psychologen R. vom 12. Mai 2013 in S 67 KR 98/13 ER).
Am 7. Juli 2012 beantragte die Klägerin eine ambulante außervertragliche Psychotherapie in Form von Verhaltenstherapie bei dem Psychologischen Psychotherapeuten S., T. Nach der Erklärung des Psychologischen Psychotherapeuten S. vom 24. Juli 2012 wurde im Rahmen eines Erstantrags eine Langzeittherapie in Form der Verhaltenstherapie )45 Stunden wegen der Diagnose F 50.3 (atypische Bulimia nervosa) beantragt. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Dipl.-Psychologen U. vom 6. August 2012 ein und bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 9. August 2012 eine Verhaltenstherapie als Langzeittherapie, 45 Einzelsitzungen a 50 Minuten bei Herrn S. Mit Schreiben vom 10. August teilte die Klägerin der Beklagten ua mit, dass die Durchführung einer Psychotherapie durch Herrn S. nicht stattfinden werde. Sie lege gegen den Bescheid der Bewilligung Widerspruch ein. Ihr sei die Durchführung einer psychotherapeutischen Behandlung an den Wochentagen Donnerstag und Freitag möglich. Im Gespräch habe Herr S. ihr gegenüber angegeben, dass er freitags prinzipiell nicht arbeite und donnerstags spät nachmittags/abends auch keine Möglichkeit bestünde, abends arbeite er auch nicht. Die Begründung eines Behandlungsverhältnisses in diese...