Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. häusliche Krankenpflege. Messung des Blutzuckergehalts. Leistungserbringung durch Einrichtung
Orientierungssatz
Lebt der Versicherte in einer Einrichtung für alleinstehende wohnungslose Männer in besonderen Schwierigkeiten, sind einfachste Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege, wie hier das Messen des Blutzuckergehalts, von dieser Einrichtung zu erbringen, wenn nicht besondere gesundheitliche Einschränkungen des Versicherten vorliegen, die eine Leistungserbringung durch speziell geschultes Kranken- bzw Pflegepersonal erforderlich machen (vgl BSG vom 25.2.2015 - B 3 KR 11/14 R = BSGE 118, 122 = SozR 4-2500 § 37 Nr 13 und vom 22.4.2015 - B 3 KR 16/14 R = NZS 2015, 617).
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28.06.2019 wird zurückgewiesen.
2. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die nachträgliche Genehmigung und Freistellung von Kosten für in Anspruch genommene Leistungen der häuslichen Krankenpflege im Zeitraum vom 08.01.2016 bis zum 07.07.2016.
Der im Jahre 1949 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Er leidet unter anderem an
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Diabetes mellitus Typ 2 mit intensivierter Insulintherapie und rezidivierenden Hypoglykämien, |
diabetischem Fußsyndrom mit Teilamputation Fuß, |
Compliance-Problemen, |
Hyperlipidämie. Hypercholesterinämie, |
Nikotinabusus, |
chronischer Bronchitis, |
chronischer Harnwegsinfekte mit Proteinurie, |
Claudicatio-Symptomatik und |
verminderter kardiopulmonaler Belastbarkeit (vgl. Gutachten des Sachverständigen Prof. J. vom 25.04.2021 - Bl. 307 der Gerichtsakte) |
Im streitgegenständlichen Zeitraum von Januar 2016 bis Juli 2016 lebte der Kläger im Haus K. der Einrichtung L. e.V., einer auf diakonischer Grundlage geführten Einrichtung, die Leistungen für alleinstehende wohnungslose Männer in besonderen Schwierigkeiten erbringt. Am 14.04.2016 schloss der Kläger mit dem L. e.V. einen „Vertrag über persönliche Hilfen und Wohnen“ (vgl. Blatt 17-21 der Gerichtsakte). In den unter Ziffer 3 vereinbarten „Persönlichen Hilfen“ wird folgendes geregelt (vgl. Blatt 19 der Gerichtsakte):
„3.1 Die persönliche Hilfe umfasst insbesondere die Beratung und Betreuung in folgenden Bereichen:
(…)
Gesundheitliche Versorgung: Förderung oder Ermöglichung einer gesundheitsbewussten Lebensweise; Hygieneberatung; Vermittlung an medizinische Fachdienste; Unterstützung bei der Inanspruchnahme häuslicher Krankenpflege; Unterstützung bei der Suchtbehandlung; Unterstützung im Zusammenhang mit Kontakten mit Ärzten, Krankenhäusern, Suchtkliniken, Kureinrichtungen, sozialpsychiatrischen Diensten, Pflegeheimen u.ä.“
Zwischen dem L. e.V. und der Region M. besteht eine Leistungsvereinbarung vom 28.12.2004 gemäß § 75 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Unter der Ziffer 3.3.1.1 (Beratung und persönliche Unterstützung) ist folgendes vereinbart (vgl. Blatt 26 der Gerichtsakte):
„Zur Beratung und Unterstützung gehören vor allem eine Stabilisierung der persönlichen Situation und das Angebot einer konstanten sozialen Beziehung sowie alle in Frage kommenden Hilfen zur Bewältigung des Alltags in der Einrichtung und zur Freizeitgestaltung sowie Übernahme von Unterstützungsleistungen wie Wäschepflege und Zimmerreinigung.
Zur Beratung und Unterstützung gehören ferner die Hilfen in Behördenangelegenheiten, Realisierung von finanziellen Ansprüchen, Hilfen bei der hygienischen und gesundheitlichen Grundversorgung, Hilfen beim Umgang mit Suchtproblemen und die Vermittlung weiterführender geeigneter Hilfen, z.B. Krisenintervention, Begleitung zu Ärzten, Veranlassung von Krankenhauseinweisungen.“
Schließlich ist unter Ziffer 5.2.1 (Personelle Ausstattung im Sozialdienst/Begleitenden Dienst) folgendes geregelt (vgl. Blatt 27 der Gerichtsakte):
„Die Beratung und Unterstützung erfolgt durch Mitarbeiter/innen mit einer sozialarbeiterischen/sozialpädagogischen Ausbildung (Dip. Sozialarbeiter/in oder Dipl. Sozialpädagoge/in) sowie Mitarbeiter/innen mit einer pflegerischen Ausbildung (Kranken-/Altenpfleger/in und Kranken-/Altenpflegehelfer/in). Der Einsatz von Fachpersonal, das über eine andere gleichwertige Ausbildung verfügt, bedarf der Zustimmung des Kostenträgers.“
Der den Kläger behandelnde Facharzt für Inneres und Diabetologie Dr. N. verordnete am 05.01.2016 dem Kläger aufgrund der Diagnosen „Diabetes mellitus“ und „Complianceprobleme“ häusliche Krankenpflege in Form von Blutzuckermessungen in der Häufigkeit von dreimal täglich an sieben Tagen pro Woche sowie Injektionen in der Häufigkeit von viermal täglich an sieben Tagen pro Woche für den Zeitraum vom 08.01.2016 bis 07.04.2016 „zur Sicherung der medikamentösen Therapie“ (vgl. 31 der Gerichtsakte). Unter dem 29.01.2015 beauftragte der Kläger den Pflegedienst O. GmbH mit der Durchführung der ärztlich vero...