Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf. unabweisbarer laufender besonderer Bedarf. Kosten der Wahrnehmung des Umgangsrechts der Großeltern mit ihrem Enkelkind. kein atypischer Bedarf. kein subjektives Recht der Großeltern aus Art 6 Abs 1 GG. Regelbedarfssatz

 

Leitsatz (amtlich)

Fahrtkosten von Großeltern anlässlich der Ausübung ihres Umgangsrechts mit Enkelkindern sind nicht vom Grundsicherungsträger nach § 21 Abs 6 SGB 2 zu übernehmen.

 

Normenkette

SGB II § 21 Abs. 6; GG Art. 6 Abs. 1-2; BGB § 1685

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. Februar 2012 aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen des Bezugs von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) über die mit Bescheid vom 5. Januar 2011 abgelehnte Übernahme von Kosten für Bahnfahrten am 27. Dezember 2010 und am 2. Januar 2011 anlässlich eines Besuchs der Enkeltochter der Klägerin.

Die 1963 geborene und in G. wohnende Klägerin stand ab dem Jahr 2005 sowie auch in den Jahren 2009 bis 2011 im Bezug von Leistungen nach dem SGB II.

Im November 2009 beantragte die Klägerin erstmals die Bewilligung von Fahrkosten anlässlich von Besuchen ihrer am 6. Mai 2005 geborenen und in H. bei der alleinerziehenden Mutter wohnenden Enkeltochter, der Tochter ihres Sohnes. Sie legte dabei eine Bestätigung des Landkreises I. vom 20. Oktober 2009 vor, nach der die Umgangskontakte zwischen dem Kindesvater und der Tochter nur in Begleitung der Klägerin stattfinden dürften.

Nach einer Ablehnung durch den Beklagten legte die Klägerin im Februar 2010 Wiederspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens reichte sie ein Schreiben der Kindesmutter vom 18. Januar 2010 nach, wonach die Klägerin als Großmutter ein regelmäßiges Umgangsrecht mit der Enkelin habe, während der Kindesvater die Tochter nur in Begleitung der Klägerin besuchen dürfe Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2010 zurück. Es fehle an einem Bedarf der Klägerin, weil sich aus der Bestätigung des Landkreises I. eine Begleitung des Kindesvaters bei dessen Umgangsrechtsausübung ergebe. Es handele sich daher um Kosten des Kindesvaters und nicht um Kosten des Umgangsrechts der Klägerin. Eine hiergegen gerichtete Klage ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum August 2010 bis Januar 2011 ohne Berücksichtigung von gesonderten Fahrkosten für Besuche der Enkeltochter. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich.

Im August 2010 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme von Fahrkosten anlässlich von Besuchen ihrer Enkeltochter. Diese komme alle 8 Tage monatlich sowie die hälftigen Ferien zu Besuch, wodurch ein Mehrbedarf entstehe, z.B. für Lebensmittel und Fahrkosten für Fahrten nach J. am Wochenende zweimal hin und zurück. Insoweit werde auch eine rückwirkende Bewilligung beantragt. Die Klägerin reichte dazu nochmals das Schreiben der Kindesmutter vom 18. Januar 2010 ein sowie eine neue Bestätigung des Landkreises I. vom 3. Mai 2010, nach der die Klägerin mit der Kindesmutter eine Umgangsregelung vereinbart habe mit Besuchen der Enkeltochter in G. an jedem zweiten Wochenende.

Der Beklagte bewilligte darauf mit Bescheid vom 13. September 2010 Fahrkarten nach J. mit der Maßgabe einer jeweiligen vorherigen Beantragung unter Einreichung der günstigsten Verbindung. Für Lebensmittel und Bekleidung könne kein Sonderbedarf gewährt werden, weil die Kindesmutter insoweit die während der Besuchszeiten eintretenden Ersparnisse weiterzugeben habe. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich.

Auf die in der Folgezeit im September 2010 von der Klägerin eingereichten acht Fahrkarten (jeweils: Niedersachsen-Ticket-Single) über jeweils EUR 20,00 aus dem Zeitraum März 2010 bis zum 12. September 2010 teilte der Beklagte unter dem 17. September 2010 mit, dass ausweislich des Bescheids vom 13. September 2010 eine vorherige Beantragung mit einer Auflistung zur Ermittlung der günstigsten Verbindung erforderlich sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2010 zurück. Bereits die erfolgte Bewilligung zukünftiger Fahrkosten nach vorheriger Beantragung sei rechtswidrig, weil tatsächlich ausweislich der Bestätigung des Landkreises I. nur das Umgangsrecht des Kindesvaters wahrgenommen werde. Auch wenn aufgrund der rechtswidrigen Bewilligung bis zu dessen Aufhebung eine entsprechende Kostenübernahme erfolge, scheide eine rückwirkende Bewilligung aus. Eine hiergegen gerichtete Klage ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich.

Mit weiterem Bescheid vom 11. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte EUR 20,00 für eine am 7. Oktober 2010 von der Klägerin e...

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