Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Versicherungspflicht selbstständiger Lehrer auch bei vorübergehendem Entfallen der Arbeitsleistung. geringfügige selbstständige Tätigkeit. Prüfung der 400 Euro-Grenze über den Jahresverdienst

 

Leitsatz (amtlich)

Die Versicherungspflicht eines selbstständigen Lehrers in der gesetzlichen Rentenversicherung wird nicht bereits dadurch unterbrochen, dass er nur vorübergehend für einen kurzen Zeitraum von nur wenigen Wochen keinen Unterricht hält.

 

Orientierungssatz

Eine geringfügige selbstständige Tätigkeit liegt nach § 8 Abs 1 und Abs 3 SGB 4 nur dann vor, wenn das Einkommen "regelmäßig" im Monat 400 Euro nicht übersteigt. Für die Frage, ob ein Selbstständiger die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, ist dabei auf den Jahresverdienst abzustellen.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers als selbstständiger Lehrer in den Monaten August und September 2002, Januar bis März 2003 sowie vom 5. Juni bis 30. Juni 2003.

Der im Jahr 1969 geborene Kläger war jedenfalls ab Januar 2002 bis einschließlich Juli 2003 für die Volkshochschule J. als Kursleiter tätig. Am 22. Februar 2002 beantragte er für eine Pflichtversicherung kraft Gesetzes als selbstständig Tätiger die Berechnung der Beitragshöhe nach einem Arbeitseinkommen in Höhe von 50 v.H. der Bezugsgröße (halber Regelbeitrag). Er teilte der Beklagten mit, dass er von Januar 2002 bis Juli 2003 mit durchschnittlich etwa 13 Stunden pro Woche tätig gewesen sei. Hauptberuflich sei er “Hausmann„ gewesen. In den Monaten August und September 2002 habe er kein Einkommen bezogen, sei allerdings nicht arbeitslos gemeldet gewesen. Von Januar 2003 an habe er weniger als 15 Stunden pro Woche nämlich nur 6 Unterrichtsstunden wöchentlich gearbeitet und sich daher arbeitslos gemeldet. Allerdings verfüge er auch in diesem Zeitraum über ein sicheres monatliches Einkommen von etwa 500,00 €. Später teilte er mit, dass die Arbeitslosigkeit im April 2003 beendet gewesen sei, da er seit Anfang April wieder mit ausreichender Wochenstundenzahl an der K. Volkshochschule unterrichtet habe. Vom 5. Juni bis 30. Juni 2003 sei er wieder ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe arbeitslos gemeldet gewesen. Insgesamt hat der Kläger im Zeitraum Januar 2002 bis Juli 2003 aus seiner Tätigkeit als selbstständiger Lehrer Einkünfte in Höhe von mehr als 30.000,00 € erzielt.

Nach einem Hinweis darauf, dass im Falle des Klägers von einem ununterbrochenen Tätigkeitszeitraum und damit einer ununterbrochenen selbstständigen Tätigkeit auszugehen sei, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2004 die Versicherungspflicht des Klägers ab 1. Januar 2002 fest. Sie forderte unter Zugrundelegung des halben Regelbeitrages Pflichtbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Juli 2003 in Höhe von insgesamt 4.311,75 €.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, dass er als Volkshochschullehrer keinesfalls einen durchgehenden Tätigkeitszeitraum habe. An die am Ende des Semesters auslaufenden Verträge schlössen sich nicht ohne weiteres neue Lehraufträge an. Dies geschehe lediglich auf Grund eigenen intensiven Engagements gegenüber der Volkshochschule. Weiterhin habe er sich auch gleichzeitig auf dem Arbeitsmarkt um andere Stellen bemüht. Im Übrigen sei die Tätigkeit eines Großteils der Lehrerinnen an den Volkshochschulen eine scheinselbstständige Tätigkeit. In den Zeiträumen, in denen er tatsächlich nicht für die Volkshochschule tätig gewesen sei (August und September 2002, 17. Januar bis 31. März 2003 sowie 5. bis 30. Juni 2003) müsse er auch keine Beiträge zahlen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Da dieser in der Zeit von Januar 2002 bis Juli 2003 als Dozent selbstständig tätig gewesen sei, unterliege er der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI). Ein Wesenszug der selbstständigen Tätigkeit liege darin, eng an die Auftragslage gebunden zu sein und damit oftmals Schwankungen zu unterliegen. Aus versicherungsrechtlicher Sicht könne ein Dozent, der fortlaufend die Leitung von Lehrgängen bzw. Kursen, die für sich gesehen gegebenenfalls nur wenige Stunden oder Wochen umfassen, übernimmt, nicht anders beurteilt werden, als ein Dozent, dessen Auftrag kontinuierlich über einen langen Zeitraum bestehe. Erfolge die Lehrtätigkeit in Form einer fortlaufenden Auftragstätigkeit sei von einem ununterbrochenen Tätigkeitszeitraum auszugehen. Auch auf Grund der Arbeitslosmeldung ergebe sich keine andere Beurteilung, da die Ausübung der selbstständigen Tätigkeit in einem bestimmten Umfange nicht der gleichzeitigen Annahme von Arbeitslosigkeit entgegenstehe. Eine Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit während der Arbeitslosigkeit sei vorliegend nicht gegeben. Im Übrigen erstrecke sich die Berufstätigkeit bei selbststän...

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