Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für die Durchführung einer auf Besserung des psychischen Gesundheitszustands ausgerichteten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. keine Zuständigkeit eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des Vorliegens der Tatbestände des § 13 Abs 2 Nr 1 SGB 6 und § 13 Abs 2 Nr 2 SGB 6. Entscheidung der Krankenkasse über die Behandlung. Abgrenzung zwischen einer Krankenhausbehandlung und einer stationären Rehabilitationsbehandlung. Heilungserfolg
Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung der Krankenkasse, ob einer psychisch schwer erkrankten Versicherten eine klassische Krankenhausbehandlung oder eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu gewähren ist, hat sich an der Zielvorstellung auszurichten, in medizinischer Hinsicht den bestmöglichen und andauernden Heilerfolg zu bewirken.
Orientierungssatz
Zur fehlenden Zuständigkeit eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung für eine von einer Krankenkasse durchgeführte, auf Besserung des psychischen Gesundheitszustands ausgerichtete medizinische Rehabilitationsmaßnahme.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die klagende Krankenkasse begehrt von dem beklagten Rentenversicherungsträger die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 16.926,66 €. Diese hat sie für die Behandlung ihrer im August 1994 geborenen Versicherten G. (im Folgenden: Versicherte) im Zeitraum vom 6. Juli bis 30. Oktober 2015 in der Klinik H. in I. aufgewandt. Diese Klinik hat als Rehabilitationseinrichtung einen Versorgungsvertrag gemäß § 111 SGB V abgeschlossen (vgl. wegen der Einzelheiten den vorgelegten Versorgungsvertrag, Bl. 104 ff. GA); sie gehört nicht zu den zugelassenen Krankenhäusern im Sinne der §§ 39,108 SGB V.
Die Versicherte litt seit etwa dem 17. Lebensjahr an Essattacken, welche mit Erbrechen korrelierten. Bis etwa Anfang 2014 erbrach sie etwa einmal in der Woche. Dann eskalierte die Situation, so dass sie bis zu täglich zehn Brechanfälle erlitt (vgl. insbesondere die anamnestischen Angaben im Verlängerungsantrag der Klinik, Bl. 47 ff. VV).
Die Versicherte nahm im Sommer 2014 nach dem Abitur eine mit einer Hochschulausbildung im Sinne eines dualen Studiums verbundene Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau bei einem Bekleidungsunternehmen auf. Für sie wurden seit August 2014 vom Ausbildungsbetrieb Beiträge zur Rentenversicherung an den beklagten für die Versicherte kontoführenden Rentenversicherungsträger abgeführt (vgl. wegen der Einzelheiten auch den Versicherungsverlauf, Bl. 82 ff. GA).
Am 28. Januar 2015 ging bei der Deutschen Rentenversicherung O ein Rehabilitationsantrag der in S wohnenden Versicherten ein. Beigefügt war ein ärztlicher Befundbericht der Hausärzte M vom 19. Dezember 2014, in deren Behandlung sich die Versicherte seit Juli 2014 befand. Ausweislich dieses Berichts litt die Versicherte an einer Anorexia nervosa mit einem „seit Jahren veränderten Körperschema“. Eine stationäre Maßnahme wurde unbedingt angeraten.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 leitete die Deutsche Rentenversicherung den Rehabilitationsantrag an die Klägerin mit der Begründung weiter, dass die Versicherte nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen durch den Rentenversicherungsträger nach § 11 SGB VI erfülle.
Mit Schreiben vom 20. März 2015 bewilligte die Klägerin der Versicherten eine Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik H..
Ende Mai 2015 beging die Versicherte nach einem Streit mit der Familie einen Suizidversuch verbunden mit einem Konsum großer Mengen von Alkohol und Amphetamin. Nach eindringlichen Einwirkungen ihrer Eltern nahm sie die bewilligte stationäre Behandlung in der Klinik H. am 6. Juli 2015 auf.
Dort wurden (vgl. den Verlängerungsantrag von Anfang August 2015) eine „sehr schwere Bulimia nervosa mit leichtgradigem Untergewicht“ (BMI bei Aufnahme 18,1), eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom sowie eine dependente Persönlichkeitsakzentuierung diagnostiziert. Entsprechend dem Verlängerungsantrag der Klinik verlängerte die Klägerin die Dauer der Rehabilitationsmaßnahme zunächst bis zum 20. September 2015.
Einen nachfolgenden weiteren Verlängerungsantrag der Klinik, mit dem eine Verlängerung bis zum 1. November 2015 begehrt worden war, entsprach die Klägerin nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zunächst nur teilweise im Sinne einer bis zum 11. Oktober 2015 begrenzten Verlängerung.
In dem gegen die Teilablehnung von der Klinik eingeleiteten Widerspruchsverfahren wurden von Seiten der Klinik als weitere Diagnosen der Verdacht auf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung sowie der Verdacht auf ADHS mit Persistenz im Erwachsenenalter geltend gemacht.
Daraufhin verlängerte die Klägerin mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 die Bewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme bis zum 9. November ...