Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenzahnärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsmaßstab. Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Budgetaufstockung für konservierend-chirurgische Leistungen von Oralchirurgen und des Abweichens vom Gebot leistungsproportionaler Vergütung bei Vertragszahnärzten mit kleinerem bis durchschnittlichem Praxisumfang
Leitsatz (amtlich)
Es verletzt nicht den Gleichheitsgrundsatz, wenn eine Kassenzahnärztliche Vereinigung in ihrem Honorarverteilungsmaßstab eine Budgetaufstockung für konservierend-chirurgische Leistungen nur für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen, nicht aber für Oralchirurgen vorsieht.
Orientierungssatz
Das Gebot leistungsproportionaler Vergütung nach § 85 Abs 4 S 3 SGB 5 kann im Interesse einer Begrenzung der Leistungsmengen und damit einer Stabilisierung des Punktwerts modifiziert werden. Zu den rechtlich erlaubten Modifikationen gehört auch die Entscheidung einer Vertreterversammlung, die Vertragszahnärzte mit kleinerem bis durchschnittlichem Praxisumfang geringer, diejenigen mit größerem Praxisumfang dagegen mehr zu belasten. Dies verletzt nicht Art 12 Abs 1 und Art 14 Abs 1 GG (vgl BSG vom 8.2.2006 - B 6 KA 25/05 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 23).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 24. März 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die der Beklagten im Berufungsverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
Im Übrigen sind Kosten im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist als Zahnarzt niedergelassen und nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Er betreibt seit 1983 eine Praxis mit dem Schwerpunkt Oralchirurgie und erbringt nur in sehr geringem Umfang Zahnersatzleistungen. In Hessen hatte er die Gebietsbezeichnung “Zahnarzt für Oralchirurgie„ erworben. Mit seiner Klage wendet er sich gegen die Höhe der ihm zuerkannten Honorare für das Jahr 1999.
Der für dieses Jahr geltende Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten - am 06. März 1998 bzw. am 17. April 1999 von deren Vertreterversammlung beschlossen, geändert mit Beschluss vom 23. August 2003 - sah u.a. für konservierend-chirurgische, Kieferbruch- und Parodontopathie(PAR)-Leistungen einerseits und für Zahnersatzleistungen andererseits eine Honorarverteilung nach Budgets vor, die für jeden Vertragszahnarzt gleich hoch waren. Die Budgets waren nach dem Verhältnis der Summe der tatsächlich gezahlten Gesamtvergütungen zur Anzahl der zum 31. Dezember des Vorjahres zugelassenen Vertragszahnärzte bemessen. Bis zu der jeweiligen Budgetobergrenze wurden die Leistungen jedes Vertragszahnarztes nach Einzelleistungspunktwerten vergütet, die darüber hinausgehenden Leistungen nur quotiert gemäß dem Verhältnis des noch nicht verteilten Gesamtvergütungsvolumens zur Summe der noch nicht erfüllten Honorarforderungen. In der ab 23. August 2003 geltenden Fassung sah § 2 des HVM Budgetaufstockungen für Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG-Chirurgen) und für die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten vor. Außerdem wurde mit Wirkung vom 23. August 2003 mit § 2 a eine Härtefallregelung eingeführt. Eine besondere Regelung für Oralchirurgen enthielt der HVM nicht. Diese wurde erst mit dem HVM für das Jahr 2001 eingeführt.
Mit Schreiben vom 08. Dezember 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten, den durchschnittlichen Prothetikanteil einer allgemeinen zahnärztlichen Praxis ab 01. Januar 1999 zu seinem konservierend-chirurgischen Budget hinzuzurechnen. Zur Begründung berief er sich auf die seit 1983 bestehende Beschränkung auf das Fachgebiet Oralchirurgie. Dessen ungeachtet brachte die Beklagte bei der Honorarverteilung für 1999 das nicht aufgestockte Budget für konservierend-chirurgische u. a. Leistungen zur Anwendung. Dies führte mit vorläufigem Jahreshonorarbescheid für 1999 vom 05. April 2000 zunächst dazu, dass dem Kläger für diesen Budgetbereich von den zur Abrechnung gebrachten 361.903,65 DM lediglich 300.777,33 DM als Honoraranspruch anerkannt wurden; die abgerechneten Zahnersatzleistungen über 561,11 DM wurden dagegen voll vergütet. Der hiergegen am 04. Mai 2000 eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. März 2001).
Hiergegen hat der Kläger am 07. Juni 2001 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Dem hiermit verbundenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das SG mit Beschluss vom 02. November 2001 stattgegeben. Im Verlauf des Klageverfahrens ist dem Kläger der endgültige Jahreshonorarbescheid vom 26. November 2003 erteilt worden, in dem der Honoraranspruch im Hinblick auf die konservierend-chirurgischen u. a. Leistungen wegen der Beschäftigung eines Ausbildungsassistenten auf 305.002,50 DM erhöht worden ist.
Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger auf seinen oralchirurgischen Schwerpunkt verwiesen, wobei er dasselbe Tätigkeitsspektrum abdecke, wie dies bei der Fachzahnarztgruppe der MKG-Chirurgen der Fall sei. Diese Praxisausricht...