Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. abstrakte Förderungsfähigkeit. berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme. behinderter Mensch. Ausbildung nach § 42m HwO. Eintragung in die Lehrlingsrolle. Bezug von Ausbildungsgeld. Sicherung der Unterkunft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach § 61 SGB 3 aF unterfällt dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 S 1 SGB 2 aF.

2. Dass Ausbildungsgeld nach § 104 SGB 3 aF und nicht nach § 59 SGB 3 aF bezogen wird, ändert nichts am Ausschluss, der nicht an der Person des Auszubildenden, sondern allein an der Förderfähigkeit der Ausbildung anknüpft.

3. Die Auszubildende hat wegen des Ausschlusses keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft. Ob dies eine Abweichung vom Kopfteilprinzip beim Leistungsanspruch der zurückbleibenden Familie für deren SGB 2 Leistungsanspruch rechtfertigt oder ob der Rehabilitationsleistungsträger den Erhalt der Heimatunterkunft sichern muss, konnte offen bleiben.

4. Ob die Eintragung in die Ausbildungsrolle nach der Handwerksordnung (juris: HwO) auch für Ausbildungen nach § 42m HwO, die für behinderte Menschen vorgesehen sind, Ausschlusswirkungen entfaltet, konnte offen bleiben.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 18. März 2011 abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die behinderte Klägerin während der Zeit der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme Anspruch auf laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) hat.

Die im Dezember 1983 geborene, ledige Klägerin lebte zusammen mit ihrer im Oktober 1952 geborenen Mutter, deren Ehe im Jahre im 1993 geschieden wurde, sowie mit ihrer im April 1986 geborenen Schwester zusammen in einem Haushalt in einer ca. 105 qm Wohnfläche umfassenden 4-Zimmer-Wohnung in J., für die die Mutter der Vermieterin monatlich eine Grundmiete von 421,81 €, Vorauszahlungen für die Nebenkosten von 86,92 € und Vorauszahlungen für die Heizkosten von 87,- € schuldete. Die Klägerin hatte die Realschule und die Handelsschule besucht, den Besuch des Wirtschaftsgymnasiums abgebrochen; verschiedene begonnene Lehren wurden abgebrochen; während der Ausbildungszeiten sind diese durch häufige stationäre Krankenhausbehandlungen unterbrochen worden. Im Januar 2008 hielt sie sich in der K. in L. und im Juni bis August 2008 in der M. in N. auf. Im August und September 2009 war sie stationär im Christlichen Krankenhaus in L. untergebracht, in der Zeit vom 4. November 2009 bis zum 12. Januar 2010 in der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Bad O.. Seit dem August 2010 ist für die Klägerin ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt.

Nachdem der Klägerin auf ihren Leistungsantrag vom Juni 2005 hin mit Bewilligungsbescheid des Beklagten vom August 2005 Leistungen bis Ende 2005 nach dem SGB II bewilligt worden waren, beantragte sie zum Ende des Jahres 2008 wiederum Leistungen, die ihr mit Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 5. Dezember 2008 für den Bewilligungszeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 30. Juni 2009 und mit Bewilligungsbescheid vom 22. Mai 2009 für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 gewährt wurden.

Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 18. November 2009 hin bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 25. November 2009 für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2010 laufende Leistungen in Höhe von monatlich 570,- €, wobei der Beklagte von einem Regelsatz von 359,- € monatlich und (anteiligen) Kosten der Unterkunft in Höhe von 211,- € monatlich ausging.

Nach Beendigung der stationären Behandlung der Klägerin zum 12. Januar 2010 fassten Mitarbeiter des Beklagten ins Auge, die Klägerin im Wege der Rehabilitation zwecks Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zunächst ab dem 22. März 2010 für drei Monate in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme des Berufsförderungswerkes P. zur Berufsfindung unterzubringen, mit dem Ziel einer anschließenden dreijährigen Ausbildung ab dem 1. August 2010 zur Bürokauffrau (einer Ausbildung, die an § 66 BBiG anknüpft und in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen wird: § 34 BBiG, §§ 28, 42 l Abs. 2 HwO). Über das entsprechende Gespräch wurde unter dem 26. Februar 2010 ein Vermerk erstellt; dabei gab die Klägerin an, sie bäte um die Übernahme der laufenden Unterkunftskosten am Heimatort in J.. Nachdem das Berufsförderungswerk in P. eine entsprechende Einladung zur berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme für die Zeit vom 22. März bis zum 21. Juni 2010 sowohl der Bundesagentur für Arbeit als auch der Klägerin mitgeteilt hatte hob der Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2010 seinen Bewilligungsbescheid vom 25. November 2009 mit Wirkung ab dem 1. April 2010 auf und führte zur Begründung aus, dass während des Verwalt...

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