Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Verfassungsmäßigkeit. Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3
Orientierungssatz
Durch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zugunsten der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB 2 sind Verfassungsrechte auch der Arbeitslosen nicht verletzt, die eine Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3 abgegeben haben. Ein Anspruch auf Fortzahlung von Leistungen in der bis zum 31.12.2004 gewährten Höhe besteht nicht.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 Geldleistungen in Höhe der zuvor von ihr bezogenen Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die ... 1944 geborene Klägerin erhielt ab dem Jahr 2000 mit Unterbrechungen Alhi. Diese wurde zuletzt mit Bescheid vom 8. Januar 2004 vom 29. Dezember 2003 bis 28. Dezember 2004 bewilligt. Mit Bescheid vom 1. Juni 2004 wurde die Alhi befristet bis zum 31. Dezember 2004 weiter bewilligt.
Die Klägerin hatte auf Anfrage der Beklagten vom 13. Dezember 2002 eine Erklärung zu § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) am 14. Februar 2003 unterschrieben, wonach sie Alhi "unter erleichterten Voraussetzungen" erhalten kann. In dem von der Klägerin unterzeichneten Vordruck sind die "erleichterten Voraussetzungen" dahin umschrieben, dass sie auch Leistungen erhalten könne, wenn sie nicht mehr arbeiten möchte; außerdem müsse sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente beantragen.
Gegen den Befristungsbescheid vom 1. Juni 2004 legte die Klägerin Widerspruch mit der Begründung ein, die Streichung der Alhi ab dem 1. Januar 2005 sei rechts- und verfassungswidrig; damit sei auch die Befristung der Bewilligung bis zum 31. Dezember 2004 rechtswidrig. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2004 wurde dieser Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Gemäß § 190 Abs 3 Satz 1 SGB III dürfe die Alhi längstens bis zum 31. Dezember 2004 bewilligt werden. Der Gesetzgeber stelle durch die Zusammenlegung von Alhi und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II ab 1. Januar 2005 eine andere Sozialleistung bereit.
Mit einem Zugunstenantrag vom 15. Juli 2004 begehrte die Klägerin die Überprüfung dieser Entscheidung. Das Begehren blieb erfolglos (Bescheid vom 21. Juli 2004, Widerspruchsbescheid vom 13. August 2004).
Die Klägerin hat am 27. August 2004 Klage beim Sozialgericht (SG) Stade erhoben und auf ihre bisherige Begründung verwiesen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. Dezember 2004 abgewiesen. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 29. Dezember 2004 zugestellt.
Die Klägerin hat am 28. Januar 2005 Berufung eingelegt. Sie trägt unter Hinweis auf ein Gutachten von Prof. Dr. U M vor, dass die Streichung der Alhi verfassungswidrig sei, weil sie - die Klägerin - die Regelung iS des § 428 SGB III unterzeichnet habe. Sie habe daher mit der gleichbleibenden Weiterzahlung der Alhi gerechnet.
Die Klägerin beantragt,
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1. |
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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 28. Dezember 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2004 aufzuheben, |
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2. |
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die Beklagte zu verurteilen, ihr - der Klägerin - unter Änderung des Bescheides vom 1. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2004 Arbeitslosenhilfe über den 31. Dezember 2004 hinaus zu gewähren. |
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat erteilt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässig.
Die Klägerin will offensichtlich die Weiterzahlung der bis zum 31. Dezember 2004 gewährten Alhi bis zum Eintritt in ihren Rentenbezug. Die Höhe der wöchentlichen Alhi betrug zuletzt 142,31 €. Der Berufungsbeschwerdewert von 500,00 € des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG wird damit ohne Weiteres erreicht, da die streitige Zeit am 1. Januar 2005 beginnt.
Die Berufung ist nicht begründet.
Die Klägerin kann Geldleistungen in Höhe der zuletzt bewilligten Alhi ab 1. Januar 2005 nicht erhalten. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Der Zugunstenantrag der Kläger nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bleibt erfolglos, weil die Beklagte zu Recht eine Änderung ihres Bescheides vom 21. Juli 2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 13. August 2004 ablehnt.
Der Senat war an einer Entscheidung in der Sache nicht gehindert, obwohl das SG ohne ordnungsgemäße Anhörung der Klägerin durch Gerichtsbescheid entschieden hat (§ 105 Abs 1 Satz 2 SGG). Lediglich bei Klageeingang war die seinerzeit n...