Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragspsychotherapeutische Versorgung. bedarfsunabhängige Zulassung. Ermächtigung -kein Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien. Gericht. Prüfung der Teilnahmevoraussetzungen. Mindestumfang an Behandlungsstunden. Erfüllung an Praxisstandort
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung über die Erteilung einer bedarfsunabhängigen Zulassung gem § 95 Abs 10 SGB 5 und die Erteilung einer Ermächtigung gem § 95 Abs 11 SGB 5 steht den Zulassungsgremien kein Beurteilungsspielraum zu (vgl BSG vom 8.11.2000 - B 6 KA 52/00 R = BSGE 87, 158 = SozR 3-2500 § 95 Nr 25), die Entscheidung über Zulassung und Ermächtigung steht nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Vorschriften auch nicht in ihrem Ermessen.
2. Das Berufungsgericht ist nicht daran gehindert, das Vorliegen, der Voraussetzungen nach § 95 Abs 10 S 1 Nr 3 SGB 5 zu prüfen, wenn ein Psychologischer Psychotherapeut bestandskräftig zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt worden ist.
3. Ein gewisser Mindestumfang an Behandlungskosten muss an dem Ort erfüllt worden sein, für den die bedarfsunabhängige Zulassung begehrt wird, weil nur eine dort bereits bestehende schutzwürdige Praxissubstanz die Freistellung von der Bedarfsplanung aus Härtefallgesichtspunkten rechtfertigen kann (vgl BSG vom 8.11.2000 aaO)
4. Eine rechtliche beachtliche Besonderheit kann nicht darin gesehen werden, dass ein Psychologischer Psychotherapeut seine Arbeitszeit und -kraft auf zwei Praxissitze verteilt hat und dieses auch in Zukunft tun möchte, so dass hinsichtlich des Zeitfensters "für den halben Sitz" auch die Hälfte der Anforderungen gestellt werden könnten.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 12. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beklagten im Berufungsverfahren zu erstatten.
Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Psychologischer Psychotherapeut und begehrt die bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in B, hilfsweise die Ermächtigung (zusätzlich) zum Verfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie.
Der Kläger ist seit 1990 Diplompsychologe. Am 18. Dezember 1998 beantragte er die bedarfsunabhängige Zulassung, hilfsweise die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Psychologischer Psychotherapeut unter der Praxisanschrift: "O 1, ... B". In seinem dem Antrag beigefügten Lebenslauf gab er an, er sei seit Juni 1994 bis jetzt in B und seit einem späteren Zeitpunkt auch in E (Landkreis W, Niedersachsen) freiberuflich als Psychotherapeut tätig, außerdem seit Juli 1995 als Geschäftsführer der "C GmbH" in E. Weiterhin legte er u.a. vor: (1.) eine Auflistung von insgesamt 45 anonymisierten Patienten, die er 1995 bis 1998 therapiert hatte, wobei 32 verhaltenstherapeutisch und 13 tiefenpsychologisch fundiert behandelt worden seien, jeweils 9 hiervon unter Supervision; (2.) Kostenübernahmebestätigungen gesetzlicher Krankenkassen; (3.) Supervisionsbescheinigungen von Dr. M B - dem Vater des Klägers -, H-O P und Dr. U S-G; (4.) Bescheinigungen über die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen in den Bereichen Verhaltenstherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Außerdem legte er seine Approbationsurkunde vom 04. Januar 1999 vor. Im Rahmen der Antragstellung vertrat er die Auffassung, der erforderliche Fachkundennachweis sei auch erbracht, wenn die geforderten Stunden, Behandlungsfälle etc. im Richtlinienverfahren allgemein, nicht notwendigerweise in einem einzigen, erbracht worden seien.
Mit Beschluss vom 17. Mai 1999 lehnte der Zulassungsausschuss Psychotherapeuten/Krankenkassen in B den Antrag ab. Der Antragsteller habe im Zeitraum vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997 nicht im notwendigen Umfang an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) teilgenommen. Hierfür sei es erforderlich, dass in mindestens sechs bis zwölf Monaten zumindest 250 Behandlungsstunden ambulanter psychotherapeutischer Behandlungstätigkeit ausgeübt worden seien. Auch bei wohlwollender Rechnung zu Gunsten des Klägers könnten nicht mehr als 240 Stunden innerhalb eines Jahres festgestellt werden.
Hiergegen legte der Kläger am 14. Juni 1999 Widerspruch ein. Die getroffene Entscheidung verletze die Grundrechenarten und sei deshalb nichtig. Es könne nicht nachvollzogen werden, wie sich aus der vorgelegten Fallliste eine Behandlungstätigkeit von 240 Stunden errechnen lasse. Aus einer - von ihm vorgelegten - Aufstellung aller Behandlungsstunden aus den vor dem 31. Dezember 1998 abgeschlossenen Therapien ergebe sich vielmehr eine in diesem Zeitraum liegende Summe von 335 Stunden, wovon aus den bisher vorliegenden Kassenbescheinigungen 258 Behandlungsstunden nachgewiesen seien. Im Übrigen sei die Fo...