Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. sperrzeitbedingte Minderung der Anspruchsdauer. Anspruchsverlängerung. Vorliegen der Höchstanspruchsdauer. Anwendbarkeit von § 434r SGB 3
Leitsatz (amtlich)
1. Es wird offen gelassen, ob § 434r Abs 1 SGB III Anwendung findet, wenn die Anspruchsdauer des vor dem 1.01.2008 bewilligten Arbeitslosengeldes von Anfang wegen Eintritts einer Sperrzeit gemindert war.
2. Wird zugunsten des Betroffenen, dessen Alg-Anspruchsdauer von vornherein sperrzeitenbedingt gemindert war, eine Anwendbarkeit von § 434r Abs 1 SGB III unterstellt, unterfällt bei einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe auch die nachträgliche Erhöhung der Anspruchsdauer nach § 434r Abs 1 SGB III der Minderung um ein Viertel gem. § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Dauer des Anspruchs der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg). Die Klägerin begehrt die Gewährung von Alg auch über den 24. September 2008 hinaus.
Die 1949 geborene Klägerin war vom 16. April 1995 bis zum 31. Dezember 2006 als Krankenschwester abhängig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund Eigenkündigung durch die Klägerin.
Nach erfolgter Arbeitslosmeldung lehnte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 19. Januar 2007 die Gewährung von Alg für die Zeit vom 1. Januar bis 1. April 2007 wegen Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe (1. Januar bis 25. März 2007) sowie einer siebentägigen Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung (26. März bis 1. April 2007) ab. Mit einem dritten Bescheid vom 19. Januar 2007 gewährte die Beklagte Alg in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 13,65 Euro für die Zeit vom 2. April 2007 bis 9. Mai 2008. Bei der Berechnung dieses Leistungszeitraums ging die Beklagte von einem Alg-Anspruch von ursprünglich 540 Kalendertagen (beginnend am 1. Januar 2007), einem sperrzeitbedingten Ruhen des Alg-Anspruchs vom 1. Januar bis 1. April 2007 sowie einer sperrzeitbedingten Minderung der Anspruchsdauer aus. Während die Beklagte im Textteil des Bescheides die konkrete Anzahl der von der sperrzeitbedingten Minderung betroffenen Anspruchstage mit 90 angab, lag dem im Bewilligungsbescheid konkret genannten Zahlungszeitraum (2. April 2007 bis 9. Mai 2008) eine sperrzeitbedingte Minderung der Anspruchsdauer von 142 Tage zugrunde (1/4 von 540 Tagen ≪Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe≫ zzgl. 7 Tage ≪Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung≫ = 142 Tage). Nachdem die Klägerin gegen die Bescheide vom 19. Januar 2007 keinen Widerspruch eingelegt hatte, wurden diese bestandskräftig.
Aufgrund der durch eine Gesetzesänderung zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Verlängerung der Alg-Höchstanspruchsdauer für ältere Arbeitslose von ursprünglich 18 auf 24 Monate erließ die Beklagte den im vorliegenden Verfahren angefochtenen Änderungsbescheid vom 27. Februar 2008, mit dem sie Alg bei unverändertem Leistungsbeginn nunmehr bis zum 24. September 2008 bewilligte (ursprüngliches Ende des Alg-Anspruchs: 9. Mai 2008). Bei der Berechnung der Alg-Anspruchsdauer ging die Beklagte von 720 Kalendertagen ab 1. Januar 2007, einem sperrzeitbedingten Ruhen des Alg-Anspruchs vom 1. Januar bis 1. April 2007 sowie von einer sperrzeitbedingten Minderung der Anspruchsdauer um 187 Tage aus (1/4 von 720 Tagen ≪Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe≫ zzgl. 7 Tage ≪Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung≫ = 187 Tage).
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, dass ihr Alg-Anspruch durch die Gesetzesänderung um 180 Kalendertage verlängert worden sei, so dass Alg über den 24. September 2008 hinaus, nämlich zumindest bis November 2008 zu zahlen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit der ergänzenden Begründung zurück, dass sich der Alg-Anspruch zwar im Grundsatz um 180 Kalendertage verlängert habe, gleichzeitig aber auch die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe von ursprünglich 135 Tagen (1/4 von 540 Tagen) auf nunmehr 180 Tage (1/4 von 720 Tagen). Unter Berücksichtigung der weiteren Sperrzeit (verspätete Arbeitssuchendmeldung -7 Tage) ergebe sich ein Leistungsanspruch von 533 Tagen (720 Tage abzgl. Sperrzeit von 187 Tagen), so dass der Alg-Anspruch am 24. September 2008 ende (Widerspruchsbescheid vom 14. März 2008).
Hiergegen hat die Klägerin am 11. April 2008 beim Sozialgericht (SG) Hannover Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass bereits die in den Bescheiden vom 19. Januar 2007 angegebene sperrzeitbedingte Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage nicht nachvollziehbar sei. Möglicherweise sei diese Sperrzeit im Änderungsbescheid vom 27. Februar 2008 doppelt berücksichtigt worden. Richtigerweise müssten die sich aus der Gesetzesänderung ergebenden zusätzlichen Anspruchstage vollständig an den ursprünglichen Bewilligungszeitraum "angehängt" werden. Eine nachträgliche Erhöhung der Sperrzeit sei verfahrensrechtlich unzulässig (vgl. im Einzelnen: Schriftsa...