Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. vierwöchige Honorararzttätigkeit im Bereich der kardiologischen Funktionsdiagnostik in einem städtischen Klinikum. Abgrenzung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit

 

Orientierungssatz

Zur Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung bei einer vierwöchigen Tätigkeit als Honorararzt im Bereich der kardiologischen Funktionsdiagnostik in einem städtischen Klinikum.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.06.2019; Aktenzeichen B 12 R 20/18 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 12. September 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Tätigkeit des Klägers als Facharzt für Innere Medizin, Kardiologe in der Klinik der Beigeladenen der Sozialversicherungspflicht unterlag.

In der Sache geht es nur um die Sozialversicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung, weil der Kläger von der Versicherungspflicht ab dem 1. Juli 1996 in der Rentenversicherung befreit war. In der Kranken- und Pflegeversicherung bestand Versicherungsfreiheit, weil das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze voraussichtlich überstieg.

Die Beigeladene betreibt ein zugelassenes Krankenhaus i.S. des § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). In dem Zeitraum vom 16. Januar bis 17. Februar 2012 war der Kläger dort als Facharzt für Innere Medizin, Kardiologe in der kardiologischen Abteilung als "Honorararzt" tätig. Die Arbeitsstunde wurde mit 90 € vergütet. Für den Zeitraum vom 16. bis 31. Januar 2012 erhielt der Kläger ein Entgelt in Höhe von 8.775 € für den Zeitraum vom 1. bis 17. Februar 2012 erhielt er ein Entgelt in Höhe von 9.202,50 €. Das Vertragsverhältnis war durch die Vermittlung durch die Agentur "K." zustande gekommen.

Am 5. März 2012 beantragte zunächst die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit des Klägers als Honorararzt im Bereich der kardiologischen Funktionsdiagnostik in ihrer Klinik im Zeitraum vom 16. Januar bis 17. Februar 2012. Eine Kontrolle des Klägers finde nicht statt. Die Arbeitszeiteinteilung des Klägers orientiere dieser am Dienstplanprogramm der Beigeladenen. Er entscheide für welche Dienste er zur Verfügung stehe. Die Tätigkeit erfolge in den Räumen der Klinik der Beigeladenen. Der Kläger könne seine eigene Arbeitskleidung nutzen. Es werde solche aber auch bei Bedarf durch die Beigeladene zur Verfügung gestellt.

In dem Honorararztvertrag war Folgendes geregelt (die Rechtschreibung und Zeichensetzung wird im Folgenden aus dem Honorarvertrag unkorrigiert übernommen):

"i. Vertragsgegenstand

(1)… Der Auftraggeber beauftragt den Honorararzt im Rahmen seiner fachlichen Qualifikation mit der ärztlichen Betreuung und Behandlung von Patienten in der kardiologischen Abteilung des vorbezeichneten Krankenhauses, ohne dass dadurch ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 SGB IV begründet wird.

(2) Die zu erbringende Dienstleistung beinhaltet die eigenständige ärztliche Versorgung der Patienten in kooperativer Zusammenarbeit mit den angestellten Ärzten und dem Pflegepersonal des Krankenhauses.

1. Vertragsdauer

(1) Das Vertragsverhältnis beginnt am 16. Januar 2012 und endet am 17.02.2012.

(2) Der Honorararzt ist nicht verpflichtet, bestimmte Dienstzeiten zu übernehmen. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, der Übernahme bestimmter Dienstzeiten durch den Honorararzt zuzustimmen.…

4)… Der Honorararzt hat keinen Honoraranspruch auf seine durch Krankheit oder Unfall ausgefallenen Dienstzeiten.

4. Leistungserbringung

(1) Der Honorararzt ist für die ordnungsgemäße medizinische Behandlung unter Einhaltung der jeweils aktuellen medizinischen Sorgfalt eigenständig verantwortlich und zur höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet. Der Honorararzt ist nicht in die Organisationsstruktur der Klinik eingebunden. Der Honorararzt ist in seiner Berufsausübung frei und nicht den Weisungen des Auftraggebers unterworfen. Seinerseits hat der Honorararzt ein medizinisch-fachliches Weisungsrecht gegenüber dem nachgeordneten Arzt- und Pflegepersonal. Soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung der übertragenen Aufgaben erforderlich ist, hat der Honorararzt die Fachlichen und organisatorischen Vorgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen. Der Auftraggeber hat insbesondere keine Weisungsbefugnis hinsichtlich der Gestaltung der Dienstzeiten. Diese werden zwischen Auftraggeber und Honorararzt gemeinsam festgelegt und schriftlich dokumentiert.

(2) Der Honorararzt erbringt die vereinbarte Dienstleistung grundsätzlich mit den von ihm zu stellenden Hilfsmitteln. Der Auftraggeber kann verlangen, dass der Honorararzt die zur Erbringung der Dienstleistung notwendigen Hilfsmittel des Klinikums verwendet. Die Zurverfügungstellung erfolgt In diesem Fall unentgeltlich. Dies gilt auch für die vom Honorarar...

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