Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Rentner. Vorversicherungszeit. Ausschluss des Sondersystems der Beamtenversorgung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Eine Versicherte, die notwendige Vorversicherungszeiten iS von § 5 Abs 1 Nr 11 SGB 5 nicht zurückgelegt hat, kann nicht mit dem Einwand durchdringen, die Vorschrift sei wegen Verstoßes gegen Art 3 Abs 1 GG verfassungswidrig, weil das Sondersystem der Beamtenversorgung nicht berücksichtigt werde (vgl BVerfG vom 15.3.2000 - 1 BvL 16/96 = BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42).
Normenkette
SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2, §§ 10, 186 Abs. 9; GG Art. 3 Abs. 1; BVerfGG § 35
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 9. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten das Vorliegen der Zugangsvoraussetzungen für die gesetzliche Krankenversicherung der Rentner (KVdR) sowie die Erstattung von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung.
Die 1946 geborene Klägerin begann am 1. April 1962 ihr Berufsleben und war zunächst in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Ihr Ehemann stand in einem Beamtenverhältnis. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. In der Zeit vom 1. Oktober 1987 bis zum 18. Februar 1991 war die Klägerin nicht berufstätig, sondern kümmerte sich um Haushalt und Kinder. In diesem Zeitraum war sie privat krankenversichert und hatte einen Beihilfeanspruch über ihren Ehemann. Seit dem 19. Februar 1991 war die Klägerin versicherungspflichtiges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der beklagten Krankenkasse (KK). In der Zeit von November 2003 bis Juli 2006 war die Klägerin nicht erwerbstätig bzw. arbeitslos. Am 2. März 2006 stellte sie einen Rentenantrag. Seit dem 1. September 2006 erhält sie eine Altersrente für Frauen und darüber hinaus Versorgungsbezüge in geringer Höhe. Die Klägerin beantragte am 21. Juli 2006 die Aufnahme in die freiwillige Versicherung der Beklagten. Ein seit dem September 2006 die Beitragshöhe in der freiwilligen Krankenversicherung betreffendes, gegen die beklagte KK geführtes Verfahren beendete die Klägerin im März 2011 vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen durch eine Berufungsrücknahme (Az.: S 44 KR 208/08 und Az.: 1 KR 81/11). Durch Kündigung und Wechsel zur Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See endete die Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. Januar 2008.
Am 24. Februar 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten (nachträglich) die Feststellung, dass sie Mitglied in der KVdR gewesen sei. Mit Bescheid vom 4. März 2011 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Klägerin die erforderlichen Vorversicherungszeiten nicht erfüllt habe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 15. März 2011 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2011 zurück. Zur Begründung führte die Beklagte ua an, dass die Klägerin in der für sie maßgeblichen Rahmenfrist vom 1. April 1962 bis 2. März 2006 nur einen Zeitraum von 17 Jahren, 6 Monaten und 28 Tagen gesetzlich versichert gewesen sei und nicht wie gefordert, Vorversicherungszeiten von 19 Jahren, 9 Monaten und 6 Tagen aufweisen könnte.
Mit der am 20. April 2011 vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Feststellung, dass sie in der KVdR pflichtversichert sei. Ihr Grundrecht aus Art 3 Grundgesetz (GG) sei verletzt, weil sie, obwohl dies wegen vergleichbarer Lebenssituation sachlich geboten sei, nicht mit Ehefrauen pflicht- oder freiwillig Versicherter in der Familienversicherung nach § 10 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gleichgestellt werde und deshalb bei der 9/10 Regelung wie eine Nichtversicherte behandelt werde. Die gesetzliche Familienversicherung und die Beihilfe der Ehefrau eines Beamten seien vom jeweiligen Ehepartner abgeleitete Rechte. Durch die Eheschließung mit einem Beamten werde ihr ein besonders verschärfter Zugang zur KVdR zugemutet.
Das SG Hannover hat die Klage mit Urteil vom 9. Juli 2013 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung der Mitgliedschaft in der KVdR nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V. Zur Verfassungsmäßigkeit der nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) geänderten Norm habe das Bundessozialgericht (BSG) ausgeführt, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich sei, Personen, die bisher nicht oder nur in geringem zeitlichen Umfang in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert gewesen seien, mit Beginn des Rentenbezugs die Möglichkeit der Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung zu verwehren. Der Gesetzgeber dürfe danach generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, die eine Systemabgrenzung der gesetzlichen Krankenversicherung nach der Zugehörigkeit während des Berufslebens beinhalte, ohne allein w...