Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragspflicht von Versorgungsbezügen bei einer freiwillig krankenversicherten Rentnerin. Teiländerung des § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5 durch Art 4 des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (juris: BetrRStärkG) vom 17.8.2017 hat keine Auswirkungen
Orientierungssatz
Die Teiländerung des § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5 durch Art 4 des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (juris: BetrRStärkG) vom 17.8.2017, wonach Leistungen aus dem Altersvorsorgevermögen iS des § 92 EStG bei der Beitragspflicht von Versorgungsbezügen außer Betracht bleiben, hat auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Auswirkungen auf die Beitragspflicht einer betrieblichen Altersversorgung (Direktversicherung) bei einer freiwillig krankenversicherten Rentnerin.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 19. April 2016 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wehrt sich gegen die Heranziehung einer Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag zur Bemessung ihrer Beitragslast nach den Vorschriften des Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie des Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI).
Die 1950 geborene Klägerin bezieht seit 1. November 2010 eine vorgezogene Altersrente in Höhe von anfänglich 972,76 €. Ab diesem Tag wurde für sie eine freiwillige Versicherung als Rentnerin begründet. Die für die Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) erforderlichen Vorversicherungszeiten waren nicht erfüllt, weil die Klägerin längere Zeit privat kranken- und pflegeversichert gewesen war.
Sie hatte im Jahr 1982 einen Vertrag über eine Lebensversicherung bei der I. Lebensversicherung AG abgeschlossen (Nr. J.), für den sie zunächst als Versicherungsnehmerin geführt worden war. Ab 1. November 1987 bis zum 20. Oktober 2004 wurde der Arbeitgeber der Klägerin zum Versicherungsnehmer. Danach, bis zur Auszahlung im November 2010, wurde erneut die Klägerin als Versicherungsnehmerin des Vertrages eingetragen. Bei Auszahlung erhielt die Klägerin einen Gesamtbetrag von 66.002,15 €.
Mit Bescheid vom 10. März 2011 setzte die Beklagte die monatliche Beitragslast für die Klägerin ab November 2010 fest. Hierbei berücksichtigte sie die Rente in voller Höhe und zudem 1/120 des Auszahlungsbetrages der Lebensversicherung (550,02 €). Es errechnete sich ein Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung von 226,89 € und zur sozialen Pflegeversicherung von 29,69 €, insgesamt 256,58 €. Auf telefonische Anforderung der Klägerin übersandte die Beklagten den Bescheid in identischer Form erneut, ausgestellt unter dem 13. April 2011. Die Klägerin reichte eine Bescheinigung des Rechtsnachfolgers der I. Lebensversicherung AG, der K. Lebensversicherung AG, vom 11. Juli 2011 ein, wonach die Ablaufleistung des Lebensversicherungsvertrages in Höhe von 41.160,33 € betrieblich erwirtschaftet und in Höhe von 24.841,82 € privat veranlasst worden sei.
Mit Bescheid vom 22. Juli 2011 setzte die Beklagte die Beitragslast ab November 2010 neu fest. Weiterhin wurde die Rente in voller Höhe berücksichtigt und auch 1/120 des Auszahlungsbetrages der Lebensversicherung. Nunmehr setzte die Beklagte nicht mehr durchgehend den vollen Beitragssatz an, sondern berücksichtigte diesen nur noch für die Rente und die betrieblich veranlassten Teile der Lebensversicherung. Hingegen wurde der ermäßigte Beitragssatz auf den privat angesparten Teil der Lebensversicherung angewendet, woraus sich eine Erstattung in Höhe von 9,92 € ergab.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch am 15. August 2011. Zur Begründung gab sie an, dass sie für den privat angesparten Teil ihrer Lebensversicherung keine Beiträge zahlen wolle. Dies ergebe sich aus der ständigen Rechtsprechung der Sozialgerichte.
Mit Bescheid vom 20. April 2012 korrigierte die Beklagte ihre Bescheide dahingehend, dass für den Monat November 2010 lediglich die Rente als beitragspflichtige Einnahme berücksichtigt wurde. Die Auszahlung der Lebensversicherung sei erst im November 2010 erfolgt, so dass die Beitragspflicht erst ab Dezember 2010 bestanden habe. Die überzahlten Beiträge verrechnete die Beklagte mit der Beitragslast ab Februar 2012.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 wies Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Für sie als freiwillig versicherte Rentnerin sei nach § 240 SGB V die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Bemessung der Beitragslast zu berücksichtigen. Aus diesem Grund sei auch der Auszahlungsbetrag der Lebensversicherung in voller Höhe zu berücksichtigen, jedoch seien hierfür unterschiedliche Beitragssätze anzusetzen.
Die Klägerin erhob Klage am 15. Juni 2012 zum Sozialgericht (SG) Stade. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 10. September 2012 im Hinblick auf anstehende Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zur Wirksamkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler ruhend gestellt und von Amts wegen am 27. Januar 2015 wied...