Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.11.2023; Aktenzeichen B 7 AS 16/23 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von März bis Dezember 2019.

Die 1989 geborene Klägerin ist J. Staatsangehörige. Sie stellte im März 2019 für sich und den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Lebensgefährten sowie ihre 2014 und 2011 geborenen Kinder einen Antrag auf ergänzende Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. Dieser lehnte mit Bescheid vom 16. Mai 2019 den Leistungsantrag ab und führte zur Begründung aus, dass der Lebensgefährte aufgrund fehlenden Arbeitnehmerstatus nicht berücksichtigt werden könne und im Übrigen ein Leistungsanspruch nach dem SGB II für die Bedarfsgemeinschaft aufgrund der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Leistungen in Form von Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) nicht bestehe. Gegen den Bescheid erhob Rechtsanwalt K. am 18. Juni 2019 für die Klägerin und die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Widerspruch. Mit Eingangsbestätigung vom 20. Juni 2019 forderte der Beklagte Rechtsanwalt K. auf, bis zum 11. Juli 2019 eine Vertretungsvollmacht vorzulegen. Sollte bis zu diesem Termin eine solche nicht vorliegen, werde der Widerspruch als unzulässig verworfen. Zu dem Schreiben erging eine elektronische Verfügung des Sachbearbeiters mit dem Vermerk: „Ab am 21.06.2019 699.E“. Rechtsanwalt K. reagierte auf das Schreiben nicht. Auch fragte er nicht wegen einer ausstehenden Eingangsbestätigung nach. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2019 wies der Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück mit der Begründung, dass der Widerspruchsführer (Rechtsanwalt L.) durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert sei. Eine Bevollmächtigung durch den Betroffenen sei trotz Aufforderung vom 20. Juni 2019 unter Fristsetzung bis zum 11. Juli 2019 nicht nachgewiesen worden, daher habe keine Entscheidung in der Sache getroffen werden können.

Am 19. September 2019 hat Rechtsanwalt K. im Namen der Klägerin Klage erhoben. Wegen der Sachverhaltsdarstellung hat er auf die Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid Bezug genommen und wegen der Klagebegründung auf seine „vorgerichtlichen Schriftsätze“. Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung nochmals darauf hingewiesen, dass Rechtsanwalt K. im Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 20. Juni 2019 vergeblich zur Vorlage einer Vollmacht aufgefordert worden sei. Auf Aufforderung des Sozialgerichts (SG) Bremen hat Rechtsanwalt K. nunmehr die Kopie einer Vollmacht vom 12. März 2019 vorgelegt, ohne allerdings die vom SG erbetene Stellungnahme zu der Klageerwiderung abzugeben. Der Beklagte hat schriftsätzlich mitgeteilt, dass er an seiner Entscheidung festhalte, da zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides eine Bevollmächtigung nicht nachgewiesen gewesen sei. Auch hierzu hat Rechtsanwalt K. trotz Aufforderung des SG keine Stellungnahme abgegeben.

Erst auf den rechtlichen Hinweis des SG, dass die im Klageverfahren vorgelegte Vollmacht der Klägerin keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2019 habe, hat Rechtsanwalt K. mit Schriftsatz vom 19. Mai 2020 vorgetragen, es fehle an einer Aufforderung zur Vorlage der Vollmacht im Widerspruchsverfahren, ein Schreiben des Beklagten vom 20. Juni 2019 sei ihm nicht bekannt.

Im Laufe des Klageverfahrens hat der Beklagte der Klägerin und ihren Kindern auf einen im Januar 2020 gestellten Neuantrag ab diesem Monat Leistungen nach dem SGB II bewilligt.

Mit Gerichtsbescheid vom 15. Dezember 2020 hat das SG Bremen die Klage abgewiesen. Das Schreiben vom 20. Juni 2019 sei postalisch an den Rechtsanwalt versandt worden. Dies sei durch den „Abgabevermerk“ vom 20. Juni 2019 ordnungsgemäß dokumentiert worden. Der Prozessbevollmächtigte hätte den Zugang des Schreibens substantiiert bestreiten müssen. Einen abweichenden Geschehensablauf habe er nicht schlüssig vorgetragen, daher sei der Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen worden.

Gegen den ihm am 17. Dezember 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat Rechtsanwalt K. am 11. Januar 2021 für die Klägerin Berufung eingelegt. Er trägt vor, dass der Beklagte für den Zugang des Anforderungsschreibens die volle Darlegungs- und Beweislast trage und die tatsächliche Aufgabe zur Post, soweit sie überhaupt dokumentiert sei, den Zugang des Schriftstückes beim Empfänger nicht beweise. Auch sei die Ablehnung von Leistungen rechtswidrig erfolgt, da der Beklagte die Klägerin zunächst unter Setzung einer Frist zur Stellung eines Antrags auf Kinderzuschlag hätte auffordern müssen. Im Übrigen habe die Familienkasse mit Bescheid vom 21. Oktober 2019 die Gewährung eines Kinderzuschlags abgelehnt.

Mit Urteil vom 4. Mai 2021 hat der Senat die Berufung als unzulässig verworfen, nachdem Rechtsanwalt K. trotz Aufforderung eine aktuel...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge