Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. GdB-Feststellung. tatrichterliche Aufgabe. Versorgungsmedizinische Grundsätze. Wirbelsäulenschäden. Feststellungen medizinischer Tatsachen durch Sachverständige. Beweiswürdigung durch das Gericht
Orientierungssatz
1. Die Bemessung des Grads der Behinderung ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe.
2. Das Gericht kann auf der Grundlage von medizinischen Tatsachenfeststellungen durch Sachverständige (hier: Bewegungseinschränkungen) die daraus resultierende GdB-Bewertung für Wirbelsäulenschäden nach Nr 18.9 des Teils B der Versorgungsmedizinischen Grundsätze selbst vornehmen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 5. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei der Klägerin festzustellenden Grades der Behinderung (GdB) im Sinn des Schwerbehindertenrechts.
Bei der 1949 geborenen Klägerin hatte das Versorgungsamt Hannover zuletzt mit Bescheid vom 3. Dezember 1998 einen GdB von 30 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen
degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Migräne (30)
Harnblasenschwäche (10)
festgestellt. Im Dezember 2009 stellte die Klägerin zum wiederholten Mal einen Antrag auf Feststellung eines höheren GdB und wies zur Begründung auf die Verschlimmerung vielfältiger Gesundheitsstörungen sowie das Hinzutreten eines grauen Stars, von Beschwerden nach Entfernung der Galle und Hautkrebs hin. Das Versorgungsamt holte Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin ein und lehnte die Neufeststellung des GdB mit Bescheid vom 9. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2010 ab. Zwar seien bei der Klägerin weitere Gesundheitsstörungen festzustellen, die sich aber nicht erhöhend auf den GdB auswirkten. Das operativ entfernte Basaliom am rechten Unterlid und der Verlust der Gallenblase bedingten keinen eigenständigen GdB.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Hannover erhoben und die Feststellung eines GdB von mindestens 50 begehrt. Zur Begründung hat sie insbesondere darauf hingewiesen, dass bei ihr insgesamt sieben Einzelwerte von jeweils 10 vorlägen, die in der Summe doch zu einer Erhöhung des GdB führen müssten. Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin beigezogen. Nachdem die Klägerin ihren Wohnsitz verlegt hatte, ist das jetzige Wohnortland Baden-Württemberg als neuer Beklagter in den Rechtsstreit eingetreten. Das Sozialgericht hat die Klägerin schließlich von dem Orthopäden Dr. I. begutachten lassen. Dieser hat dem unter dem 14. März 2012 erstatteten Gutachten zusammenfassend ausgeführt, bei der Klägerin liege ein Verschleiß der Hals - und Lendenwirbelsäule vor, der einen GdB von 40 bedinge. Daneben bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom mit somatoformen Störungen und depressiven Episoden, das einen Einzel-GdB von 20 rechtfertige. Den Gesamt-GdB hat der Sachverständige mit 50 seit mindestens Dezember 2009 eingeschätzt. Dem hat der Beklagte versorgungsärztliche Stellungnahmen entgegengehalten. Die Klägerin hat Krankenhausentlassungsberichte vorgelegt.
Das Sozialgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 5. Dezember 2013 unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, bei der Klägerin einen GdB von 40 festzustellen. Die Veränderung der Wirbelsäule einschließlich der Schmerzen bedinge einen GdB von 40. Insoweit sei es zu einer Verschlechterung des Zustandes von 1998 gekommen. Die Bewegungsstörungen allein rechtfertigten einen GdB von 30. Dieser Wert sei wegen der über das übliche Maß hinausgehenden Schmerzen zu erhöhen. Die übrigen Gesundheitsstörungen bedingten nur Einzel-GdB von jeweils 10 und führten nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB.
Gegen das ihr am 21. Januar 2014 zugestellte Urteil wendet sich die am 7. Februar 2014 bei dem Sozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Diese verfolgt den Anspruch auf die Feststellung eines GdB von mindestens 50 weiter. Zur Begründung trägt sie vor, der erstinstanzlich gehörte Sachverständige habe nicht ausreichend ermittelt, wie sich die Funktionsbeeinträchtigungen im Zusammenspiel mit den Schmerzen auswirkten. In ihrer Rechtsauffassung sieht sie sich durch das Ergebnis der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme bestätigt.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 5. Dezember 2013 zu ändern und den Bescheid des Landes Niedersachsen vom 9. März 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2010 aufzuheben,
2. den Beklagten zu verurteilen, bei ihr einen GdB von mindestens 50 seit Dezember 2009 festzustellen.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Dezember 2013 zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Soweit der in zweiter Instanz gehörte Sachverständige ei...