Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Tätigkeit als Kaufhausdetektiv im Rahmen eines Auftragsverhältnisses. Relevanz der Indizwirkung eines höheren und hinreichenden Raum für Eigenvorsorge eröffnenden Entgelts. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch soweit ein im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern höheres und hinreichenden Raum für Eigenvorsorge eröffnendes Entgelt im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung eine Indizwirkung für eine selbständige Tätigkeit aufweisen kann, fällt deren Relevanz umso geringer aus, je niedriger das jeweilige Gesamtentgeltniveau ist.

 

Normenkette

SGB IV § 7 Abs. 1 S. 1; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1, §§ 159, 161 Abs. 2, § 173 Abs. 3; SGB XI § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; SGB III § 25 Abs. 1 S. 1, § 341 Abs. 3 S. 1; SGB VII § 150; EntgFG § 2; EntgFG § 3

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.12.2018; Aktenzeichen B 12 R 37/18 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahren unter Einschluss der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1; die außergerichtlichen Kosten der weiteren Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein im Sicherheitsgewerbe tätiges Unternehmen. Im vorliegenden Berufungsverfahren wendet sie sich gegen die von der Beklagten im Statusfeststellungsverfahren getroffene Feststellung, dass der Beigeladene zu 1. seine im Auftrag der Klägerin in den streitbetroffenen Zeiträumen von Februar 1997 bis März 1999 und vom 1. Januar 2002 bis zum 23. Februar 2010 ausgeübte Tätigkeit als Kaufhausdetektiv im Rahmen einer abhängigen und der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegenden Beschäftigung ausgeübt habe.

Für weitere Zeiträume hat der Beigeladene zu 1. die Tätigkeit eines Kaufhausdetektives für die Klägerin im Rahmen ausdrücklich als solcher ausgewiesenen Arbeitsverträge wahrgenommen. Insbesondere haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1. am 22. März 1999 mit Wirkung zum 1. April 1999 einen solchen “Arbeitsvertrag„ abgeschlossen, demzufolge der Beigeladene zu 1. seinerzeit monatlich 100 Stunden als “Kaufhausüberwachungspersonal„ zu einem Bruttogehalt von 1.200 DM arbeiten sollte, wobei Überstunden mit 36 DM brutto je Stunde zu vergüten waren. Die Beteiligten waren nachfolgend übereingekommen, dass dieses förmliche Arbeitsverhältnis zum Jahresende 2001 enden und durch einen Einsatz des Beigeladenen zu 1. im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ersetzt werden sollte.

Erneut schlossen diese Beteiligten am 1. März 2010 einen förmlichen Arbeitsvertrag, in dem nunmehr die Tätigkeit als “Aufsichts- und Sicherheitsmitarbeiter„ ausgewiesen war. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden war ein Bruttostundenlohn von 6 Euro zuzüglich eines sog. “Kleidergeldes„ von 2 Euro für jede “tatsächlich geleistete Arbeitsstunde„ vereinbart worden. Dieses neuerliche Arbeitsverhältnis endete in einem Rechtsstreit, in dem sich die Klägerin zweitinstanzlich vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg (7 Sa 67/11) verpflichtet hat, dem Beigeladenen zu 1. für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 3.500 € brutto zu zahlen.

In den streitbetroffenen Zeiträumen von Februar 1997 bis März 1999 und vom 1. Januar 2002 bis zum 23. Februar 2010 war der Beigeladene zu 1. für die Klägerin ohne schriftliche vertragliche Grundlage ebenfalls als sog. Kaufhausdetektiv in Kaufhäusern tätig, die zu den Kunden der Klägerin zählten. Der Beigeladene zu 1. stellte der Klägerin die von ihm erbrachten Stunden - zu etwas differierenden Stundensätzen - monatlich in Rechnung. Beispielsweise rechnete der Beigeladene zu 1. für den Monat Januar 2010 181 Stunden zu je 10,50 € und weitere 12 Stunden zu jeweils 15,50 € (jeweils zuzüglich Umsatzsteuer) ab. Wegen der Einzelheiten bezogen auf die streitbetroffenen Zeiträume ab 2002 (für die vorausgegangenen streitbetroffenen Zeiträume konnten diesbezüglich keine konkreten Zahlen mehr ermittelt werden) verweist der Senat auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 9. Januar 2018 vorgelegten Abrechnung des Beigeladenen zu 1. sowie auf die Aufstellungen der Klägerin in diesem Schriftsatz.

Am 27. Dezember 2001 hatte der Beigeladene zu 1. beim Bezirksamt M. der Freien und Hansestadt Hamburg ein Gewerbe als Detektei angemeldet, dieses wurde später von ihm wieder abgemeldet.

Auf den am 27. Januar 2014 eingegangenen Statusfeststellungsantrag des Beigeladenen zu 1. hin traf die Beklagte nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Bescheid vom 30. Juni 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2014 die Feststellung, dass der Beigeladene zu 1. seine Tätigkeit als Warenhausdetektiv bei der Klägerin in den streitbetroffenen Zeiträumen von Februar 1997 bis März 1999 und vom 1. Januar 2002 bis zum 23. Februar 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe, welches seit dem 1. Februar 1997 der...

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