Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenkasse. Krankenhaus. Aufwandspauschale für die Überprüfung der Abrechnung durch den MDK auch bei Prüfung der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung. keine Zulässigkeit der Aufwandspauschale bei Zwischenrechnungen
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Erstattung einer Aufwandspauschale ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, wenn es sich um die Prüfung der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung handelt (entgegen LSG Darmstadt vom 12.11.2009 - L 1 KR 90/09). § 275 Abs 1c S 1 SGB 5 verweist auf § 275 Abs 1 Nr 1 SGB 5, in dem es nicht nur um die Prüfung bei Auffälligkeiten der ordnungsgemäßen Abrechnung geht, sondern auch um die Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung. § 275 Abs 1 SGB 5 verpflichtet die Krankenkassen, den MDK ggf zur Prüfung von Leistungsgewährung und Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung einzuschalten (vgl BSG vom 22.6.2010 - B 1 KR 1/10 R).
2. Für das Vorliegen von Abrechnungen iS des § 275 Abs 1 SGB 5 kommt es nicht darauf an, ob erst Zwischenabrechnungen oder bereits eine Schlussrechnung erstellt worden sind, denn die Zulässigkeit der Erstellung von Zwischenrechnungen ergibt sich aus § 8 Abs 7 S 2, § 11 Abs 1 S 3 Halbs 2 KHG. Nach diesen Vorschriften kann das Krankenhaus Zwischenrechnungen erstellen und Abschlagszahlungen verlangen (vgl BSG vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R = BSGE 105, 150).
3. Die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 1 SGB 5 ist nicht für jede Zwischenrechnung zu zahlen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 500,-- € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Aufwandspauschalen nach § 275 Abs 1 c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus. Sie behandelte in der Zeit vom 16. Januar 2008 bis 11. März 2008 die bei der Beklagten versicherte Patientin F. I. (Versicherte). Die 1964 geborene Versicherte wurde am 16. Januar 2008 wegen einer bipolaren affektiven Störung, gegenwärtiger hypomanischer Episode (F31.03), mittelgradiger Intelligenzminderung, deutlicher Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert (F71.1) als Notfall aufgrund eines Betreuungsbeschlusses bei der Beklagten in die Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Schwerpunkt Sozialpsychiatrie, eingewiesen. Die Beklagte erklärte eine Kostenübernahme zunächst bis zum 29. Januar 2008, zahlte jedoch am 16. Mai 2008 alle Rechnungen über die stationären Behandlungskosten bis zur Entlassung der Versicherten am 11. März 2008.
Die Beklagte beauftragte am 18. April 2008 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der sozialmedizinischen Begutachtung des Behandlungsfalles zur Prüfung der Verweildauer nach der Bundespflegesatzverordnung. In dem Schreiben heißt es u.a: "Wir haben keinen medizinisch begründeten Verlängerungsantrag erhalten, Unterlagen werden uns verweigert…. War die stationäre Behandlung vom 30. Januar 2008 bis zum 11. März 2008 medizinisch notwendig?". Mit Schreiben vom 23. April 2008 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass sie aufgrund des Prüfauftrages für jede gestellte Rechnung eine Aufwandspauschale berechnen werde, wenn die MDK-Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führen würde.
Am 18. Juli 2008 erhielt die Klägerin im Datenübermittlungsverfahren nach § 301 SGB V eine Kostenübernahmeerklärung für den Behandlungszeitraum bis zum 11. März 2008. Die Klägerin stellte der Beklagten für den Behandlungszeitraum ohne Kostenübernahmeerklärung je Rechnung ab 1. Februar 2008 (fünf Zwischenrechnungen, eine Schlussrechnung) eine Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1c SGB V in Rechnung. Die Beklagte lehnte die Zahlung der Aufwandspauschalen durch Rücksendung der elektronischen Datensätze sowie mit Schreiben vom 25. Juli 2008 mit der Begründung ab, dass die Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V (nur) auf die Leistungsfälle Anwendung fände, bei denen bei Einleitung der MDK-Prüfung eine formal ordnungsgemäße Schlussrechnung vorliege.
Am 15. August 2008 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim Klage auf Zahlung der Aufwandspauschalen nach MDK-Prüfung in Höhe von 6 x 100 € nebst Zinsen erhoben, die das SG mit Beschluss vom 18. Dezember 2008 an das SG Hannover verwiesen hat. Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V spätestens sechs Wochen nach Eingang der Krankenhausrechnung bei der jeweiligen Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen sei. Fristbeginn sei somit das Datum des Eingangs des Rechnungsdatensatzes im § 301 SGB V-Verfahren bei der Krankenkasse. Bei dieser Sechs-Wochen-Frist handele es sich um eine Ausschlussfrist; Prüfungen, die nach Ablauf dieses Zeitraums dem Krankenhaus angezeigt würden, seien nicht zulässig. Im Datenübermittlungsverfahren nach § 301 SGB V sei vorgegeben, dass eine wöchentliche Rechnungsschreibung zu erfolgen hätte. Gerade in der Psychiatrie mit tagesgleichen Pfle...