Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. kommunale Eingliederungsleistungen. Schuldnerberatung. Prognoseentscheidung. keine Erforderlichkeit der Leistung bei bestehenden anderen Vermittlungshemmnissen
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf kommunale Eingliederungsleistungen gemäß § 16a SGB 2 setzt voraus, dass die Leistungen für die Eingliederung in das Erwerbsleben erforderlich sind. Der, der vom Grundsicherungsträger zu treffenden Ermessensentscheidung ist daher eine Prognoseentscheidung vorgeschaltet, ob bei Gewährung der Eingliederungsleistung ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt werden kann.
2. Eine Erforderlichkeit einer Schuldnerberatung gemäß § 16a Nr 2 SGB 2 kann nicht angenommen werden, wenn der Arbeitsuchende zuvor mehrfach Eingliederungsmaßnahmen abgelehnt, Meldetermine versäumt und Bewerbungsbemühungen nicht nachgewiesen hat und insofern vorrangig zu behebende Vermittlungshemmnisse bestehen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten im Rahmen der Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) die Übernahme der Kosten für eine Schuldnerberatung.
Der G. geborene, erwerbsfähige Kläger steht bei dem Beklagten seit Oktober 2011 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Am 10. März 2015 beantragte er die Kostenübernahme für eine Schuldnerberatung gem. § 16a Nr. 2 SGB II. Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 22. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2015 ab. Zur Begründung führte er aus, eine Schuldnerberatung sei im Fall des Klägers nicht notwendig und auch zur Unterstützung der Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht geeignet. Dem Kläger seien mehrfach verschiedene Maßnahmen zur beruflichen Integration angeboten worden. Er habe jedoch jede Mitarbeit unter Verweis auf seine angebliche mangelnde Leistungsfähigkeit verweigert, ohne entsprechenden Krankschreibungen vorzulegen. Eine positive Prognose der Integration in das Berufsleben für den Fall der Durchführung einer Schuldnerberatung könne daher nicht gestellt werden.
Der Kläger hat hiergegen am 7. Juli 2015 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Bremen erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, eine Schuldnerberatung und das damit verbundene Privatinsolvenzverfahren sei in seinem Fall notwendig. Eine Verschuldung stellte immer ein Hindernis für eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt dar. Zudem leiste die Schuldnerberatung neben der wirtschaftlichen Entlastung in der Regel einen spürbaren Beitrag zur sozialen und emotionalen Stabilität des Überschuldeten und seines Umfeldes. Niedrigschwellige Angebote der beruflichen Integration habe der Beklagten nicht gemacht.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verschuldung stelle vorliegend nicht das wesentliche Vermittlungshemmnis zur hinreichend wahrscheinlichen Eingliederung des Klägers in Arbeit dar. Der Bezug von Leistungen bereits seit Oktober 2011 verdeutliche, dass nicht allein die aufgelaufenen Schulden der Grund für dessen Arbeitslosigkeit sein könnten. Es sei nicht ersichtlich, wieso eine Schuldnerberatung nunmehr zielführend für einen Eingliederungserfolg sein solle. Der Kläger habe insofern auch keine individuellen Gründe vorgetragen.
Der Kläger hat am 27. Juli 2017 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er unter Vorlage von Nachweisen für sechs Gläubiger, denen er Geld schulde, ergänzend vor, auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - B 14 AS 190/11 R) stehe die Gewährung einer Eingliederungsleistung nicht unter der Bedingung, dass sie die einzige Möglichkeit zur Eingliederung sei. Kommunale Eingliederungsleistungen bezweckten keine unmittelbare Erwerbseingliederung, sondern flankierten weitere Eingliederungsleistungen bzw. bereiteten diese vor. Bei der Prognose des Eingliederungserfolgs sei zu berücksichtigen, dass die Bewältigung von Schwierigkeiten aus dem persönlichen Lebensbereich des Leistungsberechtigten notwendig sein könne, bevor Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit ergriffen werden könnten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 20. Juli 2017 sowie den Bescheid vom 22. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Kosten für eine Schuldnerberatung zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung über die nach Übertragung de...