Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Celle-Bremen vom 29.1.2019 - L 11 AS 877/18, das vollständig dokumentiert ist.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 13.08.2019; Aktenzeichen B 14 AS 5/19 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 9. Januar 2013 (S 50 AS 59/09) aufgehoben, soweit es die Sanktionsbescheide vom 15. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2011 sowie vom 7. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2011 betrifft.

Die Klagen gegen die Sanktionsbescheide vom 15. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2011 sowie vom 7. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2011 werden abgewiesen.

Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Für das erstinstanzliche Verfahren bleibt es bei der im Urteil vom 9. Januar 2013 getroffenen Kostenentscheidung.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitbefangen sind die Sanktionsbescheide vom 15. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2011 sowie vom 7. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2011, mit denen die dem Kläger zunächst bewilligten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 28. Februar 2011 bzw. vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011 jeweils in vollem Umfang (d.h. zu 100 %) gemindert wurden. Der Beklagte stützt die Sanktionen auf den Vorwurf, dass der Kläger seinen Verpflichtungen aus dem Eingliederungs-Verwaltungsakt vom 14. April 2010 nicht nachgekommen sei (Nachweis von Eigenbemühungen zu den Stichtagen 19. August und 19. Oktober 2010).

Der 1979 geborene Kläger stand in den Jahren 2010/11 bereits seit langem im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Diese Leistungen wurden damals von den Rechtsvorgängern des Beklagten erbracht, d.h. einerseits vom Landkreis (LK) I. (zuständig für die in § 6 Abs 1 Nr 2 SGB II in der damals geltenden Fassung genannten Leistungen, also insbesondere für Kosten der Unterkunft und Heizung - KdUH -; vgl. hierzu die vom Beklagten übersandten Bewilligungs- bescheide des Landkreises Uelzen, Bl. 208ff. der Gerichtsakte L 11 AS 878/18). Die übrigen Leistungen wurden von der Bundesagentur für Arbeit erbracht (im Folgenden aufgrund der zum 1. Januar 2012 eingetretenen Rechtsnachfolge: der Beklagte). Insoweit hatte der Beklagte dem Kläger mit Bewilligungsbescheid vom 15. November 2010 Regelleistungen nach § 20 SGB II a.F. für den Bewilligungszeitraum Dezember 2010 bis Mai 2011 bewilligt, wobei der Zahlbetrag für die Monate Dezember 2010 bis Februar 2011 sanktionsbedingt von vornherein 0 EUR betrug. Für die Monate März bis Mai 2009 betrug die bewilligte Regelleistung 359 EUR pro Monat.

Bereits vor dem im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Sanktionsgeschehen hatte der Beklagte u.a. folgende Sanktionsbescheide erlassen:

1. bestandskräftiger Sanktionsbescheid vom 11. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 (Vereitelung des Zustandekommens einer Beschäftigung als Raumpfleger; Minderung: ursprünglich 30 % für die Monate Juli bis September 2010). Später wurde der Minderungsbetrag durch einen von den Beteiligten vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg unter dem Aktenzeichen S 37 AS 1394/10 geschlossenen Vergleich auf insgesamt 150 EUR reduziert. In dem Vergleich wurde u.a. zusätzlich vereinbart: „Dieser Vergleich hat keine Auswirkungen auf andere Sanktionsverfahren“ (vgl. Bl. 2056, 2057, 2064 der Verwaltungsakte – VA -).

2. bestandskräftiger Sanktionsbescheid vom 5. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2010 wegen Verstoßes gegen den Eingliederungs-Verwaltungsakt vom 14. April 2010 (unzureichender Nachweis von Eigenbemühungen zum Stichtag 19. Juni 2010; Minderung: 60 % für die Monate September 2010 bis November 2010). Die von dem Kläger gegen diesen Sanktionsbescheid geführte Klage blieb erfolglos (vgl. Urteile des SG Lüneburg vom 16. November 2011 – S 42 AS 1666/10 – und des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 28. Februar 2013 – L 9 AS 1321/11 –; Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Mai 2013 – B 14 AS 98/13 B -).

Wegen weiterer gegenüber dem Kläger erlassener Sanktionsbescheide wird auf die vom Beklagten erstellte Übersicht verwiesen (Anlage zum Schriftsatz vom 15. November 2018 zum Verfahren L 11 AS 878/18, Bl. 140 der Gerichtsakte L 11 AS 879/18).

Den streitbefangenen Sanktionsbescheiden sowie dem Eingliederungs-Verwaltungsakt vom 14. April 2010 ging folgender Sachverhalt voraus:

Die Beteiligten hatten zuletzt am 15. Mai 2007 eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen, in der u.a. die Förderung einer beruflichen Weiterbildung des Klägers vorgesehen war (Vollzeitumschulung zum Informatikkaufmann IHK bei der J. - K. -, vgl. Angebot bzw. Zusage der K. vom 11. Mai 2007). Eine Teilnahme an dieser Weiterbildungsmaßna...

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