Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Richtigstellungsbefugnis. Umwandlung. Gemeinschaftspraxis in Praxisgemeinschaft. Unterscheidung von Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft. missbräuchliche Nutzung
Orientierungssatz
1. Die Richtigstellungsbefugnis einer Kassenärztlichen Vereinigung umfasst auch den Fall der Umwandlung einer Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft, bei der sich die auf die gemeinsame Behandlung des Patientenstamms gerichtete Praxisführung nicht ändert und dadurch eine deutliche Fallzahlvermehrung der beteiligten Vertragsärzte sowie der abzurechnenden Leistungen entsteht (vgl BSG vom 22.3.2006 - B 6 KA 76/04 R = BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6 und LSG Celle-Bremen vom 8.6.2007 - L 3 KA 9/07 ER = MedR 2007, 623).
2. Für eine Gemeinschaftspraxis ist nach § 33 Abs 2 S 1 Ärzte-ZV kennzeichnend, dass sich mehrere Ärzte des gleichen Fachgebiets oder ähnlicher Fachgebiete zu einer gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung des ärztlichen Berufs in einer Praxis zusammenschließen. Im Vordergrund steht dabei die gemeinschaftliche Behandlung von Patienten und die gemeinschaftliche Karteiführung sowie Abrechnung der erbrachten vertragsärztlichen Leistungen (vgl BSG vom 16.7.2003 - B 6 KA 49/02 R = BSGE 91, 164 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1). Bei einer Praxisgemeinschaft iS von § 33 Abs 1 Ärzte-ZV handelt es sich hingegen um eine Organisationsgemeinschaft, die nicht der gemeinsamen und in der Regel jederzeit austauschbaren ärztlichen Behandlung eines einheitlichen Patientenstamms dient.
3. Auch bei einer Patientenidentität von weniger als 50 % kann eine missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform Praxisgemeinschaft vorliegen (vgl ua BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 13. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 9.521,91 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Honorarrückforderung.
Der Kläger nimmt als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Sitz in F. /Niedersachsen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit dem 1. April 2001 betreibt er dort eine Praxisgemeinschaft mit dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G.
Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) stellte im Rahmen einer erweiterten Plausibilitätsprüfung zum Quartal I/2002 fest, dass in diesem Zeitraum 661 von 1.382 Patienten des Klägers auch bei dessen Praxisgemeinschaftspartner in Behandlung waren (Patientenidentität von 47,83 %). Dabei rechneten beide Vertragsärzte ihre Behandlungsleistungen für die überwiegende Anzahl der gemeinsam behandelten Patienten als eigene Leistungen ab, teilweise auch als Vertretungsleistungen.
Aufgrund der hohen Patientenidentität innerhalb der Praxisgemeinschaft berichtigte die Beklagte die Honorarabrechnung des Klägers für das Quartal I/2002 um insgesamt 9.521,91 Euro (Bescheid vom 22. Juni 2004). Anhand der Abrechnungsdaten und der Überprüfung von 45 stichprobenhaft ausgewählten Beispielsfällen zeige sich, dass der Behandlungsablauf in der Praxisgemeinschaft arbeitsteilig wie in einer genehmigungspflichtigen Gemeinschaftspraxis und damit pflichtwidrig organisiert sei. Daher könne der Kläger für seine vertragsärztliche Tätigkeit im überprüften Quartal nur den fallwertbezogenen Anteil an der Vergütung einer hypothetischen Gemeinschaftspraxis beanspruchen. Die Differenz zwischen den Honorarabrechnungen der Praxisgemeinschaftspartner und dem Vergütungsanspruch einer hypothetischen Gemeinschaftspraxis betrage 17.827,95 Euro; für den Kläger ergebe eine sachlich-rechnerische Berichtigung seines Honorars in Höhe des streitbefangenen Betrags. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6. September 2005).
Der Kläger hat am 10. Oktober 2005 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, die das SG durch Gerichtsbescheid vom 13. Juli 2007 unter Hinweis auf die Begründung im angefochtenen Widerspruchsbescheid abgewiesen hat.
Gegen diesen Gerichtsbescheid (zugestellt am 31. Juli 2007) wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 31. August 2007. Er macht im Wesentlichen geltend, seine Praxisgemeinschaft auch als eine solche geführt zu haben. Er und sein Praxisgemeinschaftspartner hätten jeweils zwei Arzthelferinnen beschäftigt und unterschiedliche Patientenkarteien geführt. Weiter hätten sich die Patienten - nach einem entsprechenden Hinweis - im Rahmen der freien Arztwahl für einen der beiden Ärzte entscheiden müssen; auf diese Weise habe er einen Patientenstamm sukzessive übernommen und von diesem Zeitpunkt an auch weiter betreut. Aus den von der Beklagten stichprobenhaft ausgewählten Beispielsfällen ergebe sich nichts anderes; die Patientenidentität erkläre sich in diesen Fällen entweder durch eine erforderliche Vertretung des ortsabwesenden H...