Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. betriebsärztliche Tätigkeit. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Bei der betriebsärztlichen Betreuung von Beschäftigten eines Krankenhauses stellt die fehlende Einbindung in die Organisations- und Weisungsstruktur der Klinik ein Indiz für die Ausübung einer selbständigen betriebsärztlichen Tätigkeit dar.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der beigeladene Arzt wendet sich mit seiner Berufung gegen die mit dem angefochtenen Urteil vorgenommene Aufhebung einer im Verfahren nach § 7a SGB IV getroffenen Statusfeststellungsentscheidung, mit der die Beklagte das Vorliegen eines abhängigen und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegenden Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Beigeladenen und dem klagenden Krankenhaus festgestellt hat.
Der Beigeladene ist auch betriebsärztlich tätig. Im Juni/Juli 2000 schlossen er und die Klägerin einen „Betreuungsvertrag“ (vgl. Bl. 38 ff.) ab, in dem sich der Beigeladene zur Übernahme der sich aus dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Arbeitssicherheitsgesetz - ASiG) ergebenden betriebsärztlichen Aufgaben im Betrieb der Klägerin (und zweier Tochtergesellschaften, vgl. § 1 Abs. 5 des Vertrages) verpflichtete. Für die vereinbarten Leistungen hatte die Klägerin nach § 4 des Vertrages „einen monatlichen Pauschalpreis“ in Höhe von 2.500 DM zu zahlen.
Im Rahmen der übernommenen betriebsärztlichen Tätigkeit für die Klägerin führte der Beigeladene insbesondere regelmäßige Sprechstunden in den Räumlichkeiten der Klägerin durch. Diese erfolgten anfänglich wöchentlich in einem zeitlichen Umfang von jeweils von etwa 45 Minuten. Ab etwa 2003/2004 verständigten sich die Klägerin und der Beigeladene auf einen 14-tägigen Rhythmus (mit jeweils 90minütigen Sprechzeiten).
Nach Angaben des Beigeladenen hat dieser im Rahmen der angesprochenen 90-minütigen Sprechstunden die Patienten nur (kurz) untersucht, wobei er üblicherweise für die Untersuchung eines Patienten jeweils fünf Minuten vorgesehen hatte, so dass im Rahmen einer 90minütigen Sprechstunde größenordnungsmäßig etwa 18 Patienten untersucht worden sind (vgl. die Angaben des Beigeladenen im Erörterungstermins; im Schriftsatz vom 21. Mai 2019 hat dieser ausgeführt, dass er für jeden Termin im Rahmen der betriebsärztlichen Sprechstunden 2,5 bis 5 Minuten vorgesehen habe). Eine Dokumentation dieser Untersuchungen noch während dieser Untersuchungszeit sei zeitlich nicht in Betracht gekommen. Er habe daher zunächst für alle etwa 18 Patienten nur stichwortartig handschriftlich die Untersuchungsergebnisse erfasst und diese dann nach der Sprechstunde in die dafür vorgesehenen Papierkarteikarten übertragen. Diese Übertragungsarbeiten habe er teils in seiner eigenen Praxis, teils auch (insbesondere bei nur kurzen Befunden) in den Räumlichkeiten der Klägerin durchgeführt. Wenn längere Befunde zu erfassen oder wenn die Ergebnisse der Untersuchungen noch im Rahmen nachfolgender telefonischer Besprechungen mit betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erörtern gewesen seien, habe er die entsprechenden Karteikarten mit in seine Praxis genommen und dort entsprechend weiterbearbeitet. Dies habe auch dann gegolten, wenn er zur Auswertung seiner Untersuchungsergebnisse auch auf andere Untersuchungsbefunde habe zurückgreifen müssen.
Die angesprochene Nacharbeit im Anschluss an die 90-minütige Sprechstunde in Form der Dokumentation und nachbereitender telefonischer Gespräche hat nach Angaben des Beigeladenen mindestens noch einmal 90 Minuten, gegebenenfalls auch etwas mehr Zeit, in Anspruch genommen.
Der Beigeladene nahm entsprechend den Vorgaben des § 11 ASiG an den etwa alle drei Monaten stattfindenden (jeweils etwa 90 bis 120 Minuten dauernden) Sitzungen des sog. Arbeitsschutzausschusses teil.
Etwa ein- bis zweimal jährlich wurde der Beigeladene zu Besprechungen im Zusammenhang mit Begehungen im Auftrag der Berufsgenossenschaft hinzugezogen, der Zeitaufwand belief sich auf jeweils etwa 60 bis 120 Minuten. An weitere regelmäßige Aktivitäten im Zuge seiner betriebsärztlichen Tätigkeit für die Klägerin konnte sich der Beigeladene bei seiner informatorischen Anhörung durch den Senatsvorsitzenden im Erörterungstermin nicht erinnern.
Neben der betriebsärztlichen Tätigkeit für die Klägerin war der Beigeladene ganz schwerpunktmäßig in eigener Praxis selbständig als Arzt tätig, und zwar jedenfalls in den ersten Jahren seiner Tätigkeit für die Klägerin insbesondere auch im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Aufgrund dieser Tätigkeit war der Beigeladene Mitglied in der Ärzteversorgung Niedersachsen. Die Einnahmen aus der betriebsärztlichen Tätigkeit für die Klägerin stellten nur einen wirtschaftlich untergeordneten Te...