Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Rechtmäßigkeit der Erhebung des Verwaltungskostenbeitrags auch von Sachkostenerstattungen im Rahmen von Dialysen. Verfassungsmäßigkeit. Durchführung der Dialyse ist ärztliche Tätigkeit. Vertragsärztliche Vergütung. Honorarbescheid. Satzung. Äquivalenzprinzip. Gleichheitssatz. Streitwert
Orientierungssatz
1. Eine Kassenärztliche Vereinigung darf den in der Satzung festgelegten vollen Verwaltungskostenbeitrag auch von Sachkostenerstattungen im Rahmen von Dialysen erheben.
2. Dies verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.
3. Die Durchführung von Dialysen ist insgesamt als ärztliche Tätigkeit zu qualifizieren.
Normenkette
SGB V § 81 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 5; GG Art. 3 Abs. 1; GKG § 40
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 14. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 129.000,- Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine aus vier Ärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie unterhält eine an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Gemeinschaftspraxis, die ein Dialysezentrum in F. betreibt. Mit ihrer Klage wendet sie sich gegen die Höhe einer Verwaltungskostenpauschale.
Der von der Beklagten für das Quartal III/2003 erlassene Honorarbescheid wies ein Gesamthonorar in Höhe von 1.403.841,68 € aus. Hiervon entfiel auf Pauschalerstattungen für Sachkosten bei der Durchführung von Dialysen (Ziffern 7.267 ff des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM) in der ab 01. Juli 2003 geltenden Fassung) - im Bescheid gesondert ausgewiesen als “Davonleistungen-Dialyse„ - ein Betrag von 1.252.823,88 €. Von dem Gesamthonorarbetrag wurden Verwaltungskosten in Höhe von 2,2 % abgezogen, d.h. insgesamt 30.884,56 €; auf die Sachkostenerstattungen entfielen hiervon 27.562,15 €.
Am 26. Januar 2004 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Honorarabrechnung ein, den sie mit der ihrer Ansicht nach gegebenen Rechtswidrigkeit einer fehlenden Differenzierung der Verwaltungskostenpauschale zwischen eigentlichem Honorar und Sachkosten begründete. Außerdem wandte sie sich gegen die unterlassene Berücksichtigung von drei Lipidapheresen sowie gegen sachlich-rechnerische Berichtigungen bei den EBM-Ziffern 7.268 und 7.269.
Während die Beklagte dem Widerspruch in Hinblick auf die angegriffenen sachlich-rechnerischen Berichtigungen mit Bescheid vom 05. Februar 2004 abhalf, wies sie den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2004 (zur Post gegeben am 21. September 2004) zurück. In Hinblick auf die Verwaltungskostenpauschale verwies sie dabei auf eine Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Hannover, das bereits entschieden habe, dass auch Sachkosten in die Beträge zur Ermittlung der prozentual erhobenen Notdienstpauschale einzubeziehen seien; auf die Erhebung des Verwaltungskostensatzes dürfe dies übertragbar sein.
Mit ihrer Klage vom 30. September 2004, bei dem SG Hannover am 05. Oktober 2004 eingegangen, hat die Klägerin ihre Einwände gegen den Honorarbescheid III/2003 aufrecht erhalten und ergänzend die Feststellung beantragt, dass nicht dem Punktwert unterfallende, in Euro ausgewiesene Sachkosten in Gestalt der Dialysepauschalen nicht der allgemeinen Verwaltungskostenumlage unterworfen werden dürften. Zur Begründung hat sie die Auffassung vertreten, für die Unterwerfung der Sachkosten unter die allgemeine Verwaltungskostenpauschale fehle es bereits an einer Rechtsgrundlage, weil die zugrunde zu legende Satzungsvorschrift der Beklagten lediglich an die “Vergütungen für ärztliche Tätigkeit„ anknüpfe; um solche handele es sich bei den Sachkosten jedoch nicht. Mit der Erhebung der unverminderten Verwaltungskostenpauschale verstoße die Beklagte außerdem gegen das kostenrechtlich Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip. Im Bereich der Sachkosten stehe ein äußerst geringer Wert für die betroffenen Ärzte einer relativ hohen Belastung gegenüber. Denn die Sachkosten würden durch die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) nur an die Ärzte weitergereicht, was lediglich einen Sekundenaufwand bedinge und unabhängig vom Honorarverteilungsgeschehen sei. Insoweit sei ein Blick auf § 15 Abs 3 der Anlage 9.1 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) bzw des Arzt-Ersatzkassenvertrages (EKV) aufschlussreich, wonach die Verwaltungskosten für die KÄV-Abrechnung von Dialysesachleistungen durch nichtärztliche Leistungserbringer bundesweit auf einen Prozentsatz iHv 0,2 vH des Rechnungsbetrages festgelegt seien. Weiterhin liege eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) vor, weil die Ärzte mit einem hohen Sachkosten...