nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Hildesheim (Entscheidung vom 29.11.1999; Aktenzeichen S 2 KR 88/98)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 29. Novem-ber 1999 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen notwendigen Kosten der Beigeladenen zu 2) in beiden Rechtszügen zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Wechseldruckmat-ratze "Air Works Sure" mit dynamischem Wechseldruckzyklus.

Die im April 1912 geborene Klägerin lebt in dem Alten- und Pflegeheim E. in F ... Das Amtsgericht Peine hat mit Datum vom 30. Oktober 1997 Herrn G. für die Klägerin zum Betreuer bestellt. Der Aufgabenkreis umfasst die Sorge für die Ge-sundheit der Betroffenen, die Aufenthaltsbestimmung, die Entscheidung über unterbringungsähnliche Maßnahmen (§ 1906 Abs 4 BGB), die Vermögenssorge sowie die Post- und Fernmeldeangelegenheiten. Die Klägerin erhält seit 1998 Leistungen der Pflegestufe III. Sie ist versicherungspflichtiges Mitglied der Be-klagten.

Seit einem Schlaganfall ist die Klägerin bettlägerig. Es besteht eine Spastik in allen Gelenken mit Überstreckungstendenzen. Sie leidet darüber hinaus an fort-geschrittener cerebrovaskulärer Insuffizienz, allgemeinen Durchblutungsstörun-gen und Dekubitus. Darüber hinaus wird sie wegen Schluckstörungen seit dem Schlaganfall über eine Sonde ernährt.

Unter dem 7. Januar 1998 verordnete der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr H. eine Wechseldruck-Matratze bei Dekubitus II. Nach Angaben der Beigeladenen zu 2.) sind im Heim 14 Anti-Dekubitus-Matratzen vorhanden. Diese stehen allen 200 Bewohnern zur Verfügung, so auch der Klägerin. Nach dem Kostenvoran-schlag der Firma I. Orthopädietechnik betragen die Kosten für ein "AD-Wechseldrucksystem Air Works Sure" mit dynamischem Wechseldruckzyklus (7,5 min) bis 120 kg 6.256,- DM. Den von der Firma I. für die Klägerin hierfür gestell-ten Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Januar 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 1998 ab. Zur Begründung führte die Be-klagte aus, dass die Matratze vom Pflegeheim gestellt werden müsse, da diese für die Versorgung zuständig sei. Es müsse eine leistungsfähige und wirtschaftli-che pflegerische Versorgung gewährleistet sein, die nach § 72 Abs 3 Satz 1 iVm § 71 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) Voraussetzung für den Abschluss von Versorgungsverträgen mit den Pflegekassen sei. Die Wechseldruck-Matratze diene der Vereinfachung der Pflege und könne daher nicht zu Lasten der gesetz-lichen Krankenversicherung verordnet werden.

Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 20. Juli 1998, eingegangen beim Sozialgericht Hildesheim am selben Tage, Klage erhoben. Das SG hat die Pfle-gekasse bei der AOK Niedersachsen sowie das Pflegeheim beigeladen und den Befundbericht des Dr H. vom 29. Januar 1999 eingeholt.

Mit Urteil vom 29. November 1999 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Kläge-rin eine Wechseldruck-Matratze bei Dekubitus II zur Verfügung zu stellen und die weitergehende Klage auf Übernahme der Kosten für die von der Firma I. ge-nannte Wechseldruck-Matratze abgewiesen. Zur Begründung hat das SG aus-geführt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Versorgung mit einer Dekubitus-Matratze entsprechend der Verordnung des Dr H. vom 7. Januar 1998 habe, nicht jedoch mit der vom Sanitätshaus I. angeführten Wechseldruck-Matratze "Air Works Sure" mit dynamischem Wechseldruckzyklus. Die Wechseldruck-Matratze sei medizinisch notwendig zur Vermeidung von weiteren Dekubitusgeschwüren. Hierbei handele es sich um eine Krankheit iSd SGB V. Dieser Anspruch der Klä-gerin sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie in einem Pflege- bzw Al-tenheim lebe. Soweit die Beklagte ausführe, die Leistungspflicht sei ausgeschlos-sen, da das Hilfsmittel allein der Pflege diene, lägen die Voraussetzungen hier nicht vor. Alleine der Erleichterung der Pflege diene ein Hilfsmittel nur, wenn Pfle-gemaßnahmen ohne Benutzung des Hilfsmittels durchführbar seien, von der Pflegeperson jedoch einen erhöhten körperlichen Einsatz verlangten. Die Wech-seldruck-Matratze habe jedoch eine weitergehende Entlastung zur Folge, als dies durch Umlagern erreicht werden könne. Sie diene vielmehr sowohl der Sicherung des Erfolges der Krankenbehandlung als auch der Pflegeerleichterung. Die Erfor-derlichkeit der Versorgung mit einer Wechseldruck-Matratze entfalle auch nicht dadurch, dass der Klägerin von der Beigeladenen zu 2.) bereits eine Dekubitus-Matratze zur Verfügung gestellt worden sei. Die weitergehende Klage sei abge-wiesen worden, weil es der Krankenkasse überlassen sei, in welcher Form sie das erforderliche Hilfsmittel zur Verfügung stelle. Es bestünden daher keine An-haltspunkte dafür, warum die Versorgung lediglich mit der von der Klägerin be-antragten Wechseldruck-Matratze "Air Works Sure" mit dynamischem Wechsel-druckzyklus erfolgen könne.

Gegen das der Beklagten am 30. Dezember 1999 z...

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