Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Nachweis der Hilfebedürftigkeit zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für einen selbständigen Antragsteller
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung ist nach §§ 7, 9 SGB 2 u. a. der Nachweis der Hilfebedürftigkeit durch den Antragsteller. Das Gericht muss sich entsprechend § 103 SGG ein hinreichend klares Bild über dessen Einkommens- und Vermögenssituation verschaffen können.
2. Bleiben dessen Angaben hierzu offensichtlich unvollständig und widersprüchlich und bestehen danach erhebliche Zweifel an dessen Angaben zu Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit, so ist für das Gericht nicht feststellbar, wie der Antragsteller seinen Lebensunterhalt bestritten hat.
3. In einem solchen Fall ist die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung mangels nachgewiesener Hilfebedürftigkeit des Antragstellers zu versagen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab Oktober 2014 bis einschließlich März 2015.
Der K. geborene Kläger zu 1 ist der Vater des L. geborenen Klägers zu 2. Der Kläger zu 1 ist seit 1995 als Einzelunternehmer mit einer Handelsagentur selbständig tätig. Die selbständige Tätigkeit umfasst ausweislich einer Gewerbeummeldung von 2004 den Im- und Export und Handel mit neuen und gebrauchten Fahrzeugen und Kfz-Teilen, Vermittlung detektivischer Aufträge und Erstellung von Gutachten im Kfz-Bereich sowie Handel mit Elektrogeräten und Zubehör. Von 2007 bis zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Oktober 2018 bezog der Kläger zu 1 soweit ersichtlich durchgehend aufstockend existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II. Zum 31. Dezember 2021 meldete sich der Kläger zu 1 in Bremen ab und teilte einen Umzug nach Polen mit; nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 27. März 2023 hielt er sich abweichend von der Ummeldung durchgehend in Bremen auf.
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer zweier nebeneinanderliegender Reihenhäuser in M., N. mit 67,5 qm Wohnfläche und O. mit 68 qm Wohnfläche. P. erwarb er im Jahr 1996, Q. im Jahr 2001. Zur Finanzierung von Kauf und Renovierung des Hauses R. nahm er Ende 2001 ein Darlehen in Höhe von 200.000 DM bei der S. auf (Darlehen Nr. T.). Zugunsten der U. wurde in diesem Zusammenhang am 2. Januar 2002 eine Grundschuld i. H. v. 50.000 € in das Grundbuch eingetragen. Das Darlehen wurde im Jahr 2005 durch ein neues Darlehen in Höhe von 50.000 € abgelöst (Darlehen Nr. V.). In das Grundbuch wurden am 14. November 2007 zwei Eigentümergrundschulden i. H. v. 30.000 € und 20.000 € eingetragen. Die Rate für Zins und Tilgung betrug fortlaufend 450 € monatlich. Ende 2013 betrug die Restschuld aus dem Darlehen Nr. V. noch 17.380,99 €. Das P. wurde 1999 mit einer Grundschuld über 100.000 DM zugunsten der W.. belastet. Im Oktober 2007 wurden zulasten des X. drei brieflose Eigentümergrundschulden in Höhe von 20.000 €, 25.000 € und 30.000 € in das Grundbuch eingetragen. Am 26. April 2011 wurde - infolge der vom Finanzamt in das Haus Y. betriebenen Zwangsvollstreckung - in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen, dass die Zwangsversteigerung angeordnet worden sei (Az. Z.). Zugunsten der Freien Hansestadt Bremen wurden am 30. November 2017 zulasten des X. außerdem zwei Sicherungshypotheken in Höhe von 954,89 € und 953,50 € eingetragen. Das Zwangsversteigerungsverfahren wurde am 10. September 2019 aufgehoben.
Der Kläger zu 1 hat den Sachverhalt - insbesondere hinsichtlich der beiden Immobilien und der Problematik gegenüber dem Finanzamt - im Laufe der Antrags-, Verwaltungs- und zahlreichen Gerichtsverfahren im Übrigen - ohne umfassende Nachweise vorzulegen - in umfangreichen Schilderungen wie folgt dargestellt:
Die Häuser AA. würden beide über Gaszentralheizungen verfügen. Im Jahr 2013 sei es im Zusammenhang mit einer fehlgeschlagenen Erneuerung der Gasanschlüsse zu Schäden an beiden Häusern, insbesondere am Haus Y., gekommen, die Gaszentralheizungen seien seitdem außer Betrieb. Die Beheizung beider Häuser sei danach über Strom erfolgt, dafür erforderliche Maßnahmen in Form einer Ertüchtigung der Elektroinstallation (Montage des Heizstromzählers Nr. AB.) zumindest im P. seien am 24. September 2013 erfolgt. Im Q. habe zeitweise keine Wasserversorgung bestanden. Warmwasser könne nur in P. erzeugt werden, weil dort ein Durchlauferhitzer vorhanden sei. Im Jahr 2007 habe er das Q. zu Wohnzwecken genutzt. Bis Anfang 2014 sei ein Teil des X. vermietet gewesen. Vermietet worden sei über einen längeren Zeitraum mit Unterbrechung an die AC. und ihre Tochter und zwischenzeitlich vorübergehend an eine unbekannte andere Person. Bei der AC. habe es sich nicht um seine Partnerin gehandelt, auch wenn er nicht au...