Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Fußballspieler. Honorierung mit einer monatlichen "Garantiesumme" von 800 € seitens des Vereins. abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Unzulässigkeit einer Auferlegung von Säumniszuschlägen auf die nach zu erhebenden Beiträge bei Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Beitragsbescheides
Leitsatz (amtlich)
Die Honorierung des Einsatzes eines Fußballspielers insbesondere mit einer monatlichen "Garantiesumme" von 800 € spricht indiziell nachdrücklich für die Begründung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.
Orientierungssatz
Die Auferlegung von Säumniszuschlägen stellt eine unzulässige, weil treuwidrige Rechtsausübung des Versicherungsträgers dar, wenn er die sofortige Vollstreckung des Beitragsbescheides ausgesetzt hat (vgl LSG Essen vom 2.9.2016 - L 14 R 873/14).
Nachgehend
Tenor
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 15. März 2021 wird auf die Berufung des klagenden Vereins geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2020 wird aufgehoben, soweit Säumniszuschläge auch für Säumniszeiträume ab April 2013 festgesetzt worden sind.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins tätiger Fußballverein. Im vorliegenden Verfahren wendet er sich dagegen, dass ihn der beklagte Rentenversicherungsträger mit Bescheid vom 21. Februar 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2020 auf der Grundlage einer nach § 28p SGB IV durchgeführten Betriebsprüfung zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen für den zu 1. beigeladenen Spieler E. F. bezogen auf den Zeitraum September 2007 bis Juni 2008 in einer Gesamthöhe von 9.465,24 € (einschließlich insgesamt 5.221,50 € Säumniszuschläge) verpflichtet hat.
Den Hintergrund des Rechtsstreits bildete die Einschätzung der Beklagten, dass der klagende Verein insbesondere auch in der Saison 2007/2008 an formal als Amateure geführte Spieler insbesondere im Bereich der ersten Herrenfußballmannschaft finanzielle Zuwendungen - teils auf der Grundlage schriftlicher Vereinbarungen, teils auch nach mündlichen Vereinbarungen - gewährt haben soll, aufgrund derer im Ergebnis abhängige und der Sozialversicherungspflicht unterliegende Beschäftigungsverhältnisse mit den betroffenen Spielern begründet worden sind.
Es wurden umfängliche Ermittlungen insbesondere auch durch Beamte des Hauptzollamts M. und der Steuerfahndung N. durchgeführt.
Bezogen auf den im vorliegenden Verfahren zu 1. beigeladenen (am 15. Mai 1988 geborenen) Spieler wurden dabei folgende Unterlagen aufgefunden: Am 30. August 2007 hatten der Beigeladene zu 1. und der dafür beim klagenden Verein zuständige damalige zweite Vorsitzende und sog. Teammanager O. F. (Bl. 80 GA) einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen, in dem sich der Beigeladene zu 1. mit Wirkung vom 31. August 2007 an verpflichtete, für den Verein den Fußballsport als „Nichtamateur ohne Lizenz“ (im Sinne der Vorschriften der §§ 8, 22 bis 26a der DFB-Spieleordnung) auszuüben (Bl. 2 ff. VV). In § 3 des Vertrages verpflichtete sich der Verein zur Entrichtung eines „einkommensteuerpflichtigen Entgelts“ im Sinne einer „monatlichen Garantiesumme von mindestens 150 € brutto“, und zwar (so der handschriftliche Zusatz) „zzgl. Prämienregelung“. Ferner sollte der Beigeladene zu 1. nach dem herangezogenen Vordruck „die folgenden nach Art und Höhe steuerfreien Leistungen (z.B. Aufwendungen, Sachmittel, Reisekosten):“ erhalten. Die nach dem Vordruck insbesondere auch im Hinblick auf die gebrauchte Formulierung „folgende“ im nachfolgenden Feld zu erwartende inhaltliche Konkretisierung der unter diesem Gesichtspunkt zu gewährenden Leistungen ist in dem von O. F. und dem Beigeladenen zu 1. unterzeichneten Vertragstext unterblieben; stattdessen ist an dieser Stelle mit den Worten „in Höhe von 650,00 €“ lediglich ein Betrag ausgewiesen worden.
Am Folgetag, d.h. am 31. August 2007, unterzeichnete der zweite Vorsitzende O. F. eine „Anlage zum Vertrag“, der zufolge der Beigeladene zu 1. zum einen „1. Entgelt: mtl. 400,00 € netto“ und zum anderen „2. Prämie: siehe 1b netto“ erhalten sollte. Weiter wurde festgehalten: „Die Garantiesumme aus 1 + 2 beträgt min. 800,00 €. Ergibt sich auf Grund der Prämie ein höherer Betrag, wird dieser netto ausgezahlt!“ (vgl. im Einzelnen Bl. 7 VV).
Die in Bezug genommene Prämienregelung sah insbesondere folgende „Einsatzprämien für Pflichtspiele (Meisterschaft oder Pokal)“ vor: Bei Einsatz in der Anfangsformation 50 €, bei nachträglicher Einwechselung 25 €. Ferner sollte eine „Punktprämie für Pflichtspiele“ in Höhe von (je nach Tabe...