Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht für eine während des Zivildienstes ausgeübte Beschäftigung
Orientierungssatz
1. Versicherungspflichtig sind diejenigen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Wird nur geringfügig gearbeitet, so führt dies in der Regel zur Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
2. Geringfügigkeit i. S. von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB 4 setzt eine regelmäßig ausgeübte Beschäftigung voraus. Das ist nicht der Fall bei einer Tätigkeit nur nach Bedarf bzw. wenn die Arbeit unvorhersehbar in wechselnder Häufigkeit anfällt.
3. Geringfügigkeit i. S. von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB 4 setzt in der Alternative der berufsmäßigen Ausübung einer Beschäftigung voraus, dass die wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruht und die Beschäftigung für einen längeren Zeitraum vorgesehen ist.
4. Hierzu ist erforderlich, dass der Beschäftigte nach seinem Erscheinungsbild zum Kreis der Arbeitnehmer zu rechnen ist. Berufsmäßigkeit liegt auch dann vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit durch den Zivildienst nur unterbricht.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Der Streitwert wird auf 1724,41 Euro festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Klägerin ist eine gewerbliche Steuerberatung in Form einer GmbH. Der am 21. März 1975 geborene Beigeladene zu 1) absolvierte bei der Klägerin eine Ausbildung zum Steuerfachgehilfen. Nach seiner Prüfung im August 1998 war er bei der Klägerin zunächst mit buchhalterischen Arbeiten befasst. Am 2. November 1998 trat der Beigeladene zu 1) seinen Zivildienst an und war nach dem Einführungslehrgang seit 1. Januar 1999 beim Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) tätig. Dort erhielt er zuletzt von September bis November 1999 monatlich 630 DM brutto. Während seines Urlaubes und an verschiedenen Samstagen hat der Beigeladene zu 1) im Zeitraum von Januar 1999 bis August 1999 bei der Klägerin wie folgt gearbeitet :
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Januar |
2 Tage |
16 Stunden |
400,-- DM |
Februar |
14 Tage |
123 Stunden |
3.075,-- DM |
März |
1 Tag |
8 Stunden |
200,-- DM |
April |
1 Tag |
8 Stunden |
200,-- DM |
Mai |
20 Tage |
158 Stunden |
3.950,-- DM |
Juni |
2 Tage |
16 Stunden |
400,-- DM |
August |
1 Tag |
8 Stunden |
200,-- DM. |
Er hat insgesamt 41 Tage für die Klägerin gearbeitet und 8.425,-- DM Arbeitsentgelt erhalten. Nach Beendigung seines Zivildienstes am 30. November 1999 war der Beigeladene zu 1) zunächst weiter bei der Klägerin beschäftigt. Im Dezember bezog er ausweislich der Lohnsteuerkarte 1999 einen Bruttoarbeitslohn von 3.250,-- DM. Bis zum 30. September 2000 war er bei den Beigeladenen zu 2) und 3) kranken- und pflegeversichert.
Die Beklagte führte bei der Klägerin am 30. Oktober 2001 eine Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2000 durch. Mit Bescheid vom 6. November 2001 forderte sie Beiträge in Höhe von 3.542,64 DM für den Beigeladenen zu 1) nach. Sie führte zur Begründung aus: In der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. August 1999 habe Versicherungspflicht bestanden, da der Beigeladene zu 1) seine Beschäftigung bei der Klägerin berufsmäßig ausgeübt habe. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2002 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. September 2002 (eingegangen bei der Beklagten) Klage erhoben und die Auffassung vertreten, dass bei dem Beigeladenen zu 1) in dem streitigen Zeitraum eine geringfügige, kurzfristige Beschäftigung vorgelegen habe, die nicht berufsmäßig ausgeübt worden sei. Der Beigeladene zu 1) habe lediglich während seines Urlaubes und an einzelnen Samstagen gearbeitet. Dies sei im Voraus vertraglich auf maximal 50 Arbeitstage begrenzt gewesen. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzes seien Beschäftigungsverhältnisse von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung von der Versicherungspflicht freizustellen, ausnahmsweise gelte dies dann nicht, wenn diese berufsmäßig ausgeübt würden. Dann ergebe sich trotz Kurzfristigkeit wegen sozialer Schutzbedürftigkeit eine andere Beurteilung. Dies sei bei dem Beigeladenen zu 1) jedoch gerade nicht der Fall gewesen, da er während des hier streitigen Zeitraums als Zivildienstleistender sozial abgesichert gewesen sei. Es habe eine umfassende Heilfürsorge bestanden. Es habe auch keine regelmäßige Tätigkeit bei der Klägerin vorgelegen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Begriff der Berufsmäßigkeit von den Spitzenverbänden definiert worden sei. Auch Wehr- und Zivildienstleistende würden berufsmäßig tätig, wenn ihr Beschäftigungsverhältnis durch den Wehr- oder Zivildienst lediglich unterbrochen sei.
Das Sozialgericht (SG) Stade hat mit Urteil vom 18. Mai 2006 den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11....