Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung. Abfindungszahlung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs. Verteilung auf zehn Jahre
Orientierungssatz
Eine Abfindungszahlung auf nachehelichen Unterhalt ist bei der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nicht auf zwölf Monate, sondern auf 10 Jahre zu verteilen (§ 229 Abs 1 S 3 SGB 5).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 21 Juni 2010 bis 10. April 2011.
Die 1960 geborene Klägerin war seit 1. Januar 1996 über ihren am 26. März 1959 geborenen Ehemann in der landwirtschaftlichen Krankenkasse familienversichert. Die Klägerin war seinerzeit Hausfrau und Mutter und arbeitete in der Baumschule des Ehemannes mit. Am 20. Juni 2010 wurde die am 23. Dezember 1988 geschlossene Ehe geschieden. Mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) Z vom 11. Mai 2010 (Az.: 11 F 899/09 S) wurde der Versorgungsausgleich bezüglich der Anrechte in der Rentenversicherung durchgeführt. Hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts haben sich die Beteiligten -ohne Bezifferung im gerichtlichen Verfahren- auf einen Abfindungsbetrag in Höhe von 35.000,00 EUR verständigt. Diesen Betrag hat der frühere Ehemann der Klägerin am 4. Mai 2010 überwiesen (Kontoauszug vom 4. Mai 2010: Abfindung wegen Scheidung - 35.000,00 EUR).
Die Klägerin stellte am 2. Juni 2010 einen Antrag bei der Beklagten auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied, da ihre Familienversicherung wegen Scheidung zum 20. Juni 2010 erloschen sei und legte verschiedene Unterlagen (Einkommenserklärung, Beschluss des AG Z, Kontoauszug) vor.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2010 setzte die Beklagte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf der Grundlage von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 2.916,67 EUR (35.000,00 EUR: 12 = 2916,66 EUR) wie folgt fest:
Monatlicher Gesamtbetrag ab 1. Juli 2010: 481,96 EUR (Beitrag zur Krankenversicherung 417,08 EUR, Zusatzbeitrag 8,0 EUR, Beitrag zur Pflegeversicherung 56,88 EUR), Teilbetrag vom 21. Juni 2010 bis 30. Juni 2010: 160,65 EUR.
Gegen die Beitragseinstufung legte die Klägerin mit Schreiben vom 13. Juli 2010 Widerspruch ein. Die Beklagte habe offensichtlich die Abfindungszahlung auf den nachehezeitlichen Ehegattenunterhaltsanspruch von 35.000,00 EUR, umgelegt auf zwölf Monate, berücksichtigt. Dies sei nicht nachzuvollziehen. Die Klägerin habe sich auf ihren kompletten Aufstockungsunterhaltsanspruch abfinden lassen. Bezugnehmend auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg vom 18. Februar 2009 zum Az.: 4 UF 118/08 sei von einem Unterhaltsanspruch der Klägerin jedenfalls für die Dauer von 10 Jahren auszugehen. Dies wären auf den Monat umgelegte Einkünfte aus Ehegattenunterhalt von gerundet 292,- EUR. Selbst wenn man einen ehebedingten Nachteil vorliegend nicht annehmen wollte, wäre nach den Empfehlungen des Deutschen Familiengerichtstages von einem nachehelichen Unterhaltsanspruch auszugehen von 1/4 bis 1/3 der Ehedauer, dies wären zwischen 5,5 bis 7,3, also immerhin rund 6 Jahre. Die von der Beklagten vorgenommene Zuordnung sei unangemessen. Hier könne auch eine zwingende Einordnung nach § 5 Abs. 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze für Selbstzahler nicht festgestellt werden. Gleichermaßen könnten auch § 5 Abs. 4 oder Abs. 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze einschlägig sein. Es sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin aufgrund ihrer langjährigen Abwesenheit aus dem bezahlten Erwerbsleben (zunächst Hausfrau und Mutter, anschließend Mitarbeit in der Baumschule des früheren Ehemannes) auf dem Arbeitsmarkt als ungelernt zu gelten habe. Im Unterhaltsrecht würde in einem solchen Fall von erzielbaren fiktiven Einkünften im hiesigen Raum von 750,-EUR netto ausgegangen (vgl. Ziffer 9.2.2 der Leitlinien des OLG). Seit der Trennung bemühe sich die Klägerin vergeblich um eine bezahlte Erwerbstätigkeit. Angesichts ihres Alters und der bisherigen Erwerbsbiographie würden lediglich Aushilfstätigkeiten auf 400,- EUR Basis angeboten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2010 zurück. Nach § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit seien mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen seien. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehörten nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht würden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Einmalige Einnahmen würden mit...