nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Lüneburg (Entscheidung vom 29.10.2001; Aktenzeichen S 3 SB 100/00)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob dem Kläger die Nachteilsausgleiche "aG" (außergewöhnlich gehbehindert) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebüh-renpflicht) zustehen.

Bei dem am H. geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt (VA) Verden mit Bescheid vom 23. November 1995 einen Grad der Behinderung (GdB) von 90 fest. Zusätzlich wurden die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" (erheb-liche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) festgestellt.

Im anschließenden, auf die Feststellung der Nachteilsausgleiche "aG" und "RF" gerichteten Rechtsstreit schlossen die Beteiligten am 20. Mai 1999 vor dem Lan-dessozialgericht Niedersachsen einen Vergleich, wonach der Beklagte sich ver-pflichtete, erneut zu überprüfen, ob und ggfs. wann in der Person des Klägers die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Merkzeichen "aG" und "RF" erfüllt sei-en (L 10 SB 200/98). In Ausführung dieses Vergleichs holte das VA einen Be-fundbericht des Internisten Dr. I. (mit Arztbriefen des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. J., Bericht des Dr. K. über eine Computertomographie, Arzt-briefen der Fachärzte für Urologie Dres. L. sowie der Internisten und Lungenfach-ärzte PD Dres. M.) ein und ließ den Kläger durch Dr. N. versorgungsärztlich un-tersuchen. Dem Gutachten folgend stellte es mit Wirkung vom 16. September 1998 einen GdB von 100 fest aufgrund der Funktionseinschränkungen

1. Kontrollbedürftige Blasenerkrankung im Stadium der Heilungsbewährung (verwaltungsinterne Bewertung: 60).

2. Narkolepsie (verwaltungsinterne Bewertung: 50).

3. Insulinpflichtige Zuckerkrankheit (verwaltungsinterne Bewertung: 40).

4. Herzleistungsminderung bei Durchblutungsstörungen (verwaltungsinterne Bewertung: 20).

5. Chronische Bronchitis mit Ventilationsstörung (verwaltungsinterne Bewer-tung: 20).

Die Nachteilsausgleiche "aG" und "RF" lehnte es ab (Bescheid vom 21. Oktober 1999).

Im Vorverfahren holte das VA einen Befundbericht des Dr. I. mit Arztbriefen des Urologen Dr. O. und der Diabetischen Abteilung der Klinik P. ein und wies nach Stellungnahme des Dr. N. den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2000).

Mit der am 23. Juni 2000 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellungen der Nachteilsausgleiche "aG" und "RF" begehrt. Er hat ausgeführt, er trage eine Kunstblase. Zwar könne er vergleichsweise "normal gehen", müsse sich aber immer dicht bei Toiletten aufhalten und sie sofort erreichen können. Eine Gleichstellung mit dem berechtigten Personenkreis ergebe sich für den Nachteilsausgleich "aG" wegen der Kombination der aus der Blasenerkrankung, der Herzschwäche und der Narkolepsie folgenden Funktionseinschränkungen.

Das Sozialgericht (SG) Lüneburg hat mit Gerichtsbescheid vom 29. Oktober 2001 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf deren Einzelheiten Be-zug genommen wird, hat es darauf hingewiesen, es gelte der Grundsatz, der Zu-stand sei so zu beurteilen, wie er sich unter Benutzung zumutbarer Hilfsmittel (z.B. Gehhilfen/Inkontinenzartikel) darstelle. Die medizinischen Ermittlungen hät-ten zweifelsfrei erbracht, dass der Kläger zu dem berechtigten Personenkreis für die Nachteilsausgleiche nicht gehöre. Der Bewegungsapparat des Klägers sei kaum beeinträchtigt. Die Einschränkung der Fortbewegungsmöglichkeit werde nicht durch innere Leiden verschärft. Der Kläger könne möglicherweise an Veran-staltungen einzelner Art nicht teilnehmen, doch sei er nicht gehindert, durch-schnittliche öffentliche Veranstaltungen zu besuchen.

Gegen den am 1. November 2001 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 3. Dezember 2001 (Montag) eingegangenen Berufung. Diese begründet er damit, im Hinblick auf die tumorbedingte Neoblase sei er gezwun-gen, spätestens nach einer Stunde eine Behindertentoilette zu erreichen. Die Blasenentleerung funktioniere über die Bauchmuskulatur. Dabei komme es vor, dass nicht nur die Blase entleert werden müsse, sondern dass dabei auch eine Stuhlentleerung stattfinde. Die damit verbundenen Gerüche seien der Öffentlich-keit nicht zumutbar. Der Kläger sei auf eine Behindertentoilette angewiesen. We-gen seiner Narkolepsie, welche bei ihm in eine Kataplexie (Muskelerschlaffung) einmünde, könne er nicht wie früher Theatervorstellungen besuchen.

Der Kläger beantragt dem Sinne nach,

1. den Gerichtsbescheid des SG Lüneburg vom 29. Oktober 2001 aufzuheben und den Bescheid vom 21. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2000 zu ändern,

2. den Beklagten zu verpflichten, die Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche "aG" und "RF" festzustellen.

Der Beklagte beantragt dem Sinne nach,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Der Senat hat den Kläger durch den Berichterstatter im Erörter...

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