nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Oldenburg (Entscheidung vom 26.09.1997; Aktenzeichen S 1 Vs 10213/96) |
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Im Berufungsverfahren streiten die Beteiligten noch darüber, ob bei dem Beru-fungsbeklagten ab 1. Januar 1997 die Voraussetzungen des Nachteilsaus-gleichs "Hilflosigkeit" (Merkzeichen "H") festzustellen sind.
Der 1945 geborene Berufungsbeklagte leidet an einer vererblichen, progressiv verlaufenden Muskeldystrophie; ihretwegen und wegen einer chronischen asthmoiden Bronchitis waren bei ihm mit Bescheid vom 12. März 1992 ein Grad der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) von 90 sowie das Merkzeichen "G" festgestellt worden.
Mit Verschlimmerungsantrag vom 18. Juli 1995 begehrte der Berufungsbeklagte die weitere Erhöhung des GdB auf 100 sowie die Zuerkennung der Merkzei-chen "B", "aG" und "H".
Das Versorgungsamt (VA) Oldenburg wertete verschiedene ärztliche Unterla-gen, u.a. den Arztbericht des G.-Krankenhauses H. (Prof. Dr. I.) vom 14. Oktober 1992 und das Pflegegutachten des MDK Niedersachsen vom 18. Mai 1995 aus. Dem Antrag gab es mit Bescheid vom 5. Februar 1996 ledig-lich insoweit statt, als es dem Berufungsbeklagten das Merkzeichen "B" zuer-kannte. Den weitergehenden Widerspruch, zu dessen Begründung der Beru-fungsbeklagte die bei ihm im Tagesverlauf erforderlichen Hilfeleistungen im ein-zelnen aufzählte, wies das Landesversorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 1996 zurück.
Am 30. Mai 1996 ist Klage erhoben worden. Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat das fachneurologische Gutachten des Kreiskrankenhauses J. (Prof. Dr. K.) vom 9. April 1997 erstatten lassen, der den beim Berufungsbeklagten vorlie-genden GdB auf 100 geschätzt und die Voraussetzungen des Nachteilsaus-gleichs "außergewöhnliche Gehbehinderung" für gegeben erachtet hat. Bezüg-lich des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" hat der Gutachter ausgeführt: Der Berufungsbeklagte sei für gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Ver-richtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf fremde Hilfe angewiesen. Dies betreffe Verrichtungen wie das An- und Auskleiden, die nicht allein durchführba-re Körperpflege und die volle hauswirtschaftliche Versorgung. Die Dauer dieses Hilfebedarfs sei allerdings auf eine relativ kurze Zeit des Tages beschränkt, so daß die Zuerkennung des Merkzeichens "H" noch nicht gerechtfertigt erscheine.
Nachdem der Berufungskläger mit Teilanerkenntnissen vom 23. Juni 1997 und 5. August 1997 das Vorliegen eines GdB von 100 sowie des Merkzeichens "aG" anerkannt hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit bezüglich des Nachteils-ausgleichs "Hilflosigkeit" fortgeführt.
Mit Urteil vom 26. September 1997 hat insoweit das SG Oldenburg den Beru-fungskläger verurteilt, dem Berufungsbeklagten ab 1. Januar 1997 das Merk-zeichen "H" zuzuerkennen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß der Berufungsbeklagte nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. nicht in der Lage sei, das Duschen, Baden, Haarekämmen, Wa-schen, Föhnen, Rasieren und Zähneputzen ohne fremde Hilfe durchzuführen. Diese Feststellungen seien nachvollziehbar, da nachgewiesen sei, daß die Ar-mabduktion und -hebung beim Berufungsbeklagten soweit vermindert sei, daß er mit den Armen die Kopfhöhe nicht mehr erreichen könne. Auch beim Aufste-hen und Zubettgehen sei der Berufungsbeklagte auf eine Pflegeperson ange-wiesen. Auch im Bereich der Rumpfmuskulatur sei nämlich die Schwäche bei ihm so weit fortgeschritten, daß ein Aufrichten aus der Rückenlage und Heben des Oberkörpers aus der Bauchlage nicht mehr ohne Abstützung und fremde Hilfe möglich sei. Schließlich habe der Gutachter auch eine Unselbständigkeit des Berufungsbeklagten beim An- und Auskleiden objektivieren können. Es könne deshalb nicht zweifelhaft sein, daß der Berufungsbeklagte bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen in erheblichem Maße von ei-nem Dritten unterstützt werden müsse.
Mit seiner am 12. September 1997 eingelegten Berufung macht der Berufungs-kläger hiergegen im wesentlichen geltend, daß die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" erst dann erfüllt seien, wenn der Hilfebedarf bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen in zeitlicher Hinsicht einen Gesamtumfang von 2 Stunden täglich erreiche. Dies ergebe sich namentlich aus der geänderten Fassung des § 65 Abs. 2 der Einkommensteu-erdurchführungsverordnung (EStDV), nach der erst bei einer Einstufung in die Pflegestufe III der Pflegeversicherung eine Bindung bezüglich der Zuerkennung des Merkzeichens "H" eintrete.
Der Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. September 1997 aufzu-heben und die Klage abzuweisen.
Der Berufungsbeklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Dieser tritt der Rechtsauffassung des Berufungsklägers entgegen.
Der Senat hat zur weiteren ...