Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. Zuerkennung des Nachteilsausgleichs H. zeitlicher Mindestumfang des Hilfebedarfs
Orientierungssatz
Zum Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs H, wenn der tägliche zeitliche Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege mehr als eine, aber weniger als zwei Stunden beträgt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Im Berufungsverfahren streiten die Beteiligten noch darüber, ob bei dem Berufungsbeklagten ab 1. Januar 1997 die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" (Merkzeichen "H") festzustellen sind.
Der 1945 geborene Berufungsbeklagte leidet an einer vererblichen, progressiv verlaufenden Muskeldystrophie; ihretwegen und wegen einer chronischen asthmoiden Bronchitis waren bei ihm mit Bescheid vom 12. März 1992 ein Grad der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) von 90 sowie das Merkzeichen "G" festgestellt worden.
Mit Verschlimmerungsantrag vom 18. Juli 1995 begehrte der Berufungsbeklagte die weitere Erhöhung des GdB auf 100 sowie die Zuerkennung der Merkzeichen "B", "aG" und "H".
Das Versorgungsamt (VA) O wertete verschiedene ärztliche Unterlagen, u.a. den Arztbericht des Nordwest-Krankenhauses S (Prof. Dr. R) vom 14. Oktober 1992 und das Pflegegutachten des MDK Niedersachsen vom 18. Mai 1995 aus. Dem Antrag gab es mit Bescheid vom 5. Februar 1996 lediglich insoweit statt, als es dem Berufungsbeklagten das Merkzeichen "B" zuerkannte. Den weitergehenden Widerspruch, zu dessen Begründung der Berufungsbeklagte die bei ihm im Tagesverlauf erforderlichen Hilfeleistungen im einzelnen aufzählte, wies das Landesversorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 1996 zurück.
Am 30. Mai 1996 ist Klage erhoben worden. Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat das fachneurologische Gutachten des Kreiskrankenhauses A (Prof. Dr. B) vom 9. April 1997 erstatten lassen, der den beim Berufungsbeklagten vorliegenden GdB auf 100 geschätzt und die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "außergewöhnliche Gehbehinderung" für gegeben erachtet hat. Bezüglich des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" hat der Gutachter ausgeführt: Der Berufungsbeklagte sei für gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf fremde Hilfe angewiesen. Dies betreffe Verrichtungen wie das An- und Auskleiden, die nicht allein durchführbare Körperpflege und die volle hauswirtschaftliche Versorgung. Die Dauer dieses Hilfebedarfs sei allerdings auf eine relativ kurze Zeit des Tages beschränkt, so daß die Zuerkennung des Merkzeichens "H" noch nicht gerechtfertigt erscheine.
Nachdem der Berufungskläger mit Teilanerkenntnissen vom 23. Juni 1997 und 5. August 1997 das Vorliegen eines GdB von 100 sowie des Merkzeichens "aG" anerkannt hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit bezüglich des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" fortgeführt.
Mit Urteil vom 26. September 1997 hat insoweit das SG Oldenburg den Berufungskläger verurteilt, dem Berufungsbeklagten ab 1. Januar 1997 das Merkzeichen "H" zuzuerkennen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß der Berufungsbeklagte nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. B nicht in der Lage sei, das Duschen, Baden, Haarekämmen, Waschen, Föhnen, Rasieren und Zähneputzen ohne fremde Hilfe durchzuführen. Diese Feststellungen seien nachvollziehbar, da nachgewiesen sei, daß die Armabduktion und -hebung beim Berufungsbeklagten soweit vermindert sei, daß er mit den Armen die Kopfhöhe nicht mehr erreichen könne. Auch beim Aufstehen und Zubettgehen sei der Berufungsbeklagte auf eine Pflegeperson angewiesen. Auch im Bereich der Rumpfmuskulatur sei nämlich die Schwäche bei ihm so weit fortgeschritten, daß ein Aufrichten aus der Rückenlage und Heben des Oberkörpers aus der Bauchlage nicht mehr ohne Abstützung und fremde Hilfe möglich sei. Schließlich habe der Gutachter auch eine Unselbständigkeit des Berufungsbeklagten beim An- und Auskleiden objektivieren können. Es könne deshalb nicht zweifelhaft sein, daß der Berufungsbeklagte bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen in erheblichem Maße von einem Dritten unterstützt werden müsse.
Mit seiner am 12. September 1997 eingelegten Berufung macht der Berufungskläger hiergegen im wesentlichen geltend, daß die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" erst dann erfüllt seien, wenn der Hilfebedarf bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen in zeitlicher Hinsicht einen Gesamtumfang von 2 Stunden täglich erreiche. Dies ergebe sich namentlich aus der geänderten Fassung des § 65 Abs. 2 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV), nach der erst bei einer Einstufung in die Pflegestufe III der Pflegeversicherung eine Bindung bezüglich der Zuerkennung des Merkzeichens "H" eintrete.
Der Berufungskläger beantragt,
das Urteil d...