nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Hannover (Entscheidung vom 19.04.2002; Aktenzeichen S 29 P 66/00) |
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung.
Der am 14. April 1985 geborene Kläger leidet an einer perinatalen Hirnschädi-gung mit hochgradiger psychomentaler Entwickelungsstörung und epileptiformen Anfällen.
Mit einem bei der Beklagten am 16. Juni 1999 eingegangen Antrag begehrte der Kläger die Gewährung von Pflegegeld unter Hinweis auf einen in den Bereichen der Körperpflege und Bewegung bestehenden Hilfebedarf.
Die Beklagte holte ein Gutachten der Gutachterin I. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Niedersachsen (MDKN) vom 27. September 1999 ein. Die Gutachterin bejahte einen Hilfebedarf in Form der Anleitung, Unterstüt-zung und Beaufsichtigung bei wöchentlich fünf Ganzkörperwäschen, täglich einer Teilwäsche des Unterkörpers, wöchentlich zwei Wannenbädern, der täglichen Zahnpflege, beim Kämmen, beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, beim An- und Auskleiden in einem Gesamtumfang von 22 Minuten im Tagesdurchschnitt. Hier-auf gestützt lehnte die Beklagte den Pflegegeldantrag mit Bescheid vom 12. Ok-tober 1999 ab. Ein im Widerspruchsverfahren eingeholtes weiteres Gutachten des Arztes Dr J. (ebenfalls vom MDKN) vom 31. Januar 2000 führte zu dem Er-gebnis, dass der Unterstützungsbedarf des Klägers bei täglich einer Ganzkörper-wäsche, täglich zwei Teilwäschen der Hände und des Gesichts, wöchentlich zwei Wannenbädern, der täglichen Zahnpflege, beim Kämmen, bei der mundgerech-ten Zubereitung der Nahrung, beim Aufstehen- und Zu-Bett-Gehen und beim An- und Auskleiden insgesamt mit 34 Minuten im Tagesdurchschnitt zu bemessen sei. Die Beklagte lehnte daraufhin den Pflegegeldantrag mit weiterem Bescheid vom 16. Februar 2000 erneut ab. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 4. Mai 2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klä-gers vom 15. Oktober 1999 zurück.
Zur Begründung der am 24. Mai 2000 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er drei- bis vielmal in der Woche bade. Auch sein Hilfebedarf beim An- und Auskleiden sei im Verwaltungsverfahren nur unzurechend berücksichtigt worden. Aufgrund der krankheitsbedingten Verlangsamung nehme überdies auch die bei der Zahnpflege und beim Kämmen erforderliche Hilfe mehr Zeit als von den Gutachtern veranschlagt in Anspruch. Zur überwachen sei auch die Nah-rungsaufnahme.
Das Sozialgericht (SG) hat Befundberichte der Ärzte Dr K. vom 3. September 2000 und Dr L. vom 11. Januar 2000 und einen Bericht der den Kläger tagsüber betreuenden Lebenshilfe Syke e.V. vom 15. Januar 2001 eingeholt. Es hat ferner den Facharzt für Arbeitsmedizin und Allgemeinmedizin Dr M. als Sachverständi-gen gehört. In seinem Gutachten vom 15. Juni 2001 legt Dr M. da, dass der Klä-ger unter Zugrundelegung der Angaben der von ihm befragen Mutter durch die intensiven Bemühungen der Lebenshilfe in den letzten Jahren eine Reihe von Fähigkeiten bei der eigenständigen Wahrnehmung von Verrichtungen es tägli-chen Lebens hinzuerworben habe. Dies zeige sich auch daran, dass der Kläger ohne Schwierigkeiten in der Eigenversorgung an auswärtigen Freizeiten der Le-benshilfe teilnehmen konnte. Da der Kläger keine körperlichen Einschränkungen bei der Körperpflege, beim Waschen, Duschen und Baden habe und nach An-ordnung Zahnpflege, Kämmen, Blasen- und Mastdarmlehrung selbständig vor-nehmen könne, sei ein Zeitaufwand für die Pflegeperson nur im Hinblick darauf zu berücksichtigen, dass die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung der jeweiligen Verrichtungen zu geben seien. Der zur maßlosen Nahrungsaufnahme neigende Kläger benötige sicher eine zeitaufwendige Zuteilung der Nahrung. Im Bereich der Mobilität ließen sich keine Einschränkungen des Selbsthilfevermö-gens feststellen. Lediglich das Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, das An- und Aus-kleiden müssten jeweils von der Pflegeperson wie bei Kindern ausdrücklich an-geordnet werden. Insgesamt veranschlage er den Hilfebedarf des Klägers im Be-reich der Grundpflege mit täglich 14 Minuten. Ein höherer Zeitaufwand könne nur dann "errechnet" werden, wenn eine "Anweisung zu einem Tun als unterstützen-de Maßnahme gewertet" werde.
Auf die Nachfrage des SG, ob und gegebenenfalls mit welcher Begründung das Klageverfahren auch unter Berücksichtigung dieses Gutachtens weitergeführt werden solle, hatte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten lediglich mitteilt, dass der das Gutachten für unzutreffend erachte und weiterhin davon ausgehe, dass ihm Pflegegeld zu gewähren sei.
Mit Urteil vom 19. April 2002, dem Kläger zugestellt am 30. April 2002, hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, dass der Kläger nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des begehrten Pfle-gegeldes erfüllt, dass namentlich sein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege nicht den gesetzlichen Grenzwert von mehr von 45 Minuten im Tagesd...