Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. lückenlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Obliegenheit des Versicherten. persönliches Aufsuchen des Arztes
Orientierungssatz
Der Versicherte muss alles in seiner Macht stehende und ihm Zumutbare getan haben, um seine Krankengeldansprüche zu wahren. Dies setzt voraus, dass er einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufgesucht und ihm seine Beschwerden geschildert hat, um die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung auf Krankengeld zu erreichen, und dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw -erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeldanspruch erfolgt ist (vgl BSG vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R = BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr 8).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 25. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 25. Oktober 2017 aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Krankengeld über den 26. Februar 2016 hinaus bis zum 30. Oktober 2016.
Die am 31. März J. geborene Klägerin übte den Beruf einer Hausverwalterin aus. Seit 1. Januar 2015 war sie arbeitslos und bezog Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Sie erlitt am 30. Oktober 2015 einen Hirninfarkt und wurde notfallmäßig stationär behandelt. Der Facharzt für Innere Medizin K. bescheinigte ihr mit Arbeitsunfähigkeitserstbescheinigung vom 5. November 2011 Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnosen I67.4 G (Hypertensive Enze-phalopathie), I10.90 G (essentielle primäre Hypertonie), I64 Z (Schlaganfall). Die Klägerin befand sich in der Zeit vom 11. November 2015 bis 18. Dezember 2015 im neurologischen Rehabilitationszentrum L., M. Sie bezog in dieser Zeit Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund.
Die Beklagte bewilligte ihr mit Bescheid vom 8. Januar 2016 Krankengeld ab 19. Dezember 2015 in Höhe von 31,04 €. In dem Bescheid heißt es: „Die Arbeitsunfähigkeit muss nahtlos nachgewiesen sein. Ihr behandelnder Arzt muss spätestens am nächsten Werktag, der auf das Ende des zuletzt bestätigten Zeitraums folgt, das weitere Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit bescheinigen. Dies gilt auch im Anschluss an eine stationäre Krankenhausbehandlung oder Rehabilitationsmaßnahme. Samstage gelten hierbei nicht als Werktage.“
In der Zeit vom 9. und 16. Februar und 22. bis 26. Februar 2016 (Freitag) war die Klägerin in stationärer Behandlung im Klinikum N. wegen der Diagnosen ACS Ausschluss, Initial hypertensive Entgleisung, V.a. Anpassungsstörung bei Zustand nach 2-Kammer-SM-Implantation am 11. Februar 2016, Zustand nach PTCA und DES in RCA am 9. Februar 2016.
Am 29. Februar 2016 rief sie in der Praxis des Facharztes für Innere Medizin K. an, sprach mit einer Medizinischen Fachangestellten und bat um einen Termin. Der Inhalt des Gesprächs im Einzelnen ist streitig.
Die Klägerin suchte am 1. März 2016 den Facharzt für Innere Medizin K. auf, der eine Arbeitsunfähigkeitserstbescheinigung seit 29. Februar 2016 wegen der Diagnose 67.4 G ausstellte (bis zum 4. März 2016). Am 7. März stellte er Arbeitsunfähigkeit bis zum 10. März 2016 fest.
Mit Bescheid vom 8. März 2016 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld über den 26. Februar 2016 hinaus ab. Der Leistungsbezug nach dem SGB III habe am 29. Oktober 2015 geendet. Die daraus resultierende Versicherungspflicht habe aufgrund des laufenden Krankengeldbezuges fortbestanden und mit dem zuletzt ärztlich bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit am 26. Februar 2016 geendet. Zum Zeitpunkt der Bescheinigung der weiteren Arbeitsunfähigkeit habe daher keine Versicherung mit Krankengeldanspruch mehr bestanden. Dies gelte ungeachtet der Tatsache, dass die Erkrankung durchgehend Arbeitsunfähigkeit begründet habe. Die jetzt vorgelegte ärztliche Bescheinigung sei erst am 1. März 2016 ausgestellt worden. Damit befinde sich die ärztliche Feststellung außerhalb des zuvor bescheinigten Bewilligungszeitraumes.
Am 10. März 2016 bescheinigte der Facharzt für Innere Medizin O. mit Erstbescheinigung Arbeitsunfähigkeit seit 10. März 2016 wegen der Diagnose I49.5 G. Diese Bescheinigung ging am 30. März 2016 bei der Beklagten ein.
Gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2016 legte die Klägerin Widerspruch ein und wies darauf hin, dass sie sich am 29. Februar 2016 sofort in der Arztpraxis gemeldet, jedoch keinen Termin bekommen habe und auf den 1. März 2016 verschoben worden sei. Sie legte eine Bescheinigung von Herrn K. vom 29. März 2016 vor, der die Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 29. Februar am 1. März 2016 bestätigte. Am 29. Februar habe die Patientin infektionsbedingt keinen Termin in der Praxis bekommen. Im Schreiben vom 12. April 2016 teilte die Klägerin mit, dass sie versucht habe, am...