Verfahrensgang
SG Hannover (Urteil vom 19.10.2001; Aktenzeichen S 9 AL 785/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Sozialgerichts Hannover vom19. Oktober 2001 sowie der Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1999 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 14. Juni 1999 Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) nach Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nicht mehr geltend gemacht werden kann
Der im August 1946 geborene Kläger war seit dem 1. Januar 1990 bei der Firma F. beitragspflichtig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund fristloser Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Oktober 1994. Das folgende Kündigungsschutzverfahren endete durch gerichtlichen Vergleich vor dem Arbeitsgericht G. (ArbG) vom 26. Januar 1998, der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund fristgerechter betriebsbedingter Kündigung vom 26. Oktober 1994 zum 30. Juni 1995 geendet hat.
- Die Beklagte verpflichtet sich, für den Zeitraum 1. November 1994 bis 30. Juni 1995 die vertragsgemäße Vergütung in Höhe von 7.850,00 DM brutto abzüglich der übergeleiteten Ansprüche auf Arbeitslosengeld für denselben Zeitraum an den Kläger zu zahlen, spätestens am 31. März 1998. Ein 13. Gehalt wird nicht gezahlt.”
Eine Zahlung durch die Firma F. erfolgte nicht. Am 3. April 1998 wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma F. mangels Masse abgelehnt. Auf seinen am 29. April 1998 gestellten Antrag erhielt der Kläger für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1995 Konkursausfallgeld (Kaug) nach einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 7.850,00 DM in Höhe von insgesamt 13.976,82 DM.
Bereits am 28. Oktober 1994 hatte sich der Kläger mit Wirkung zum 1. November 1994 arbeitslos gemeldet. Aufgrund bestehender Arbeitsunfähigkeit erhielt er vom 1. November 1994 bis 26. Februar 1995 Krankengeld. Am 27. Februar 1995 meldete sich der Kläger erneut bei der Beklagten und beantragte Alg. Dieses wurde ihm mit Bescheid vom 14. März 1995 vorläufig für die Dauer von 429 Tagen nach einem der Beitragsbemessungsgrenze entsprechenden Bemessungsentgelt von 1.820,00 DM bewilligt.
Gegenüber der Firma F. machte die Beklagte einen Anspruchsübergang nach § 117 Abs 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) wegen des für die Zeit vom 27. Februar bis 30. Juni 1995 gezahlten Alg geltend. Eine Erstattung erfolgte nicht. Wegen des Konkurses der Firma wurde die Forderung am 27. Mai 1998 niedergeschlagen (Bl 129 VA).
Am 1. September 1995 nahm der Kläger eine selbständige Tätigkeit als Buchhändler auf und meldete sich aus dem Leistungsbezug ab. Am 23. Juni 1998 sprach er persönlich bei der Beklagten vor und fragte nach der endgültigen Festsetzung der Alg-Bewilligung. Gemäß eines Beratungsvermerks (Bl 119 VA) sollte dem Kläger noch ein „abschließender rechtsbehelfsfähiger Änderungsbescheid” wegen der Anspruchsdauer (die wegen einer möglichen Sperrzeit um ¼ gekürzt worden war) erteilt werden; dies geschah jedoch nicht, obwohl tatsächlich von der Beklagten der Eintritt einer Sperrzeit nicht festgestellt wurde.
In der Folgezeit blieben diverse Anfragen des Arbeitsamtes G. an das Arbeitsamt H. im Zusammenhang mit der Kaug-Bewilligung unbeantwortet (Bl 120-128 VA). Auf Bl 125 der Verwaltungsakten befindet unter einem Ausdruck aus den Bewerberdaten des Klägers vom 26. Oktober 1998 folgender Vermerk:
„Besteht der am 27.2.95 entstandene Anspruch noch (wie lange besteht der Anspruch) LE ist vom 01.09.95 – lfd. selbständig, wird Selbständigkeit vermutlich zum 01.01.99 aufgeben. Bitte schriftl. benachrichtigen.”
Auch hierauf erfolgte keine Reaktion. Nach Angaben des Klägers sprach dieser im Januar 1999 erneut persönlich beim Arbeitsamt vor. Ein Sachbearbeiter habe den von ihm vorgelegten arbeitsgerichtlichen Vergleich angesehen und ihm mitgeteilt, dass er sich aufgrund des bis zum 30. Juni 1995 verlängerten Arbeitsverhältnisses ohne Verlust des Alg-Anspruchs bis Ende Juni 1999 arbeitslos melden könne.
Am 14. Juni 1999 meldete sich der Kläger daraufhin unter Beifügung einer Gewerbeabmeldung zum 19. Juni 1999 arbeitslos und beantragte die Weiterzahlung von Alg. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 6. Juli 1999 mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger seit seinem Antrag vom 27. Februar 1995 keinen erneuten Anspruch auf Alg erworben habe und auch kein Restanspruch aus einer früheren Anwartschaft bestehe. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11. August 1999, übersandt an den Kläger am 31. August 1999).
Hiergegen hat der Kläger am 27. September 1999 Klage erhoben. Seines Erachtens sei der alte Anspruch nicht gemäß § 147 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) erloschen, da bei seiner erneuten Alg-Meldung seit dem durch arbeit...