Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Sonderfall des Bemessungsentgelts bei Arbeitslosengeldvorbezug. Mindestbemessungsentgelt auch bei rechtswidrig zu hoch festgesetztem Bemessungsentgelt. Notwendigkeit der Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides. Zugunstenverfahren bei Widerspruch gegen Anpassungsbescheid
Orientierungssatz
1. Ist die frühere Bewilligung von Arbeitslosengeld, mit der dass Bemessungsentgelt rechtswidrig zu hoch festgesetzt wurde, nicht mit Wirkung für die Vergangenheit oder Zukunft aufgehoben worden, so entfaltet das rechtswidrige Bemessungsentgelt im Rahmen der Besitzstandsklausel des § 133 Abs 1 SGB 3 idF vom 21.7.1999 Bindungswirkung.
2. Bringt der Arbeitslose in seinem Widerspruch gegen einen Anpassungsbescheid zum Ausdruck, dass er die Leistungshöhe auch unter anderen Gesichtspunkten als der Anpassung überprüft wissen möchte, so handelt es sich um einen Antrag nach § 44 SGB 10 und der Verwaltungsakt, der im Einzelfall das Recht unrichtig anwendet und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht zu niedrig erbringt, ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Tatbestand
Der Kläger, der bereits in den Jahren 1999, 2000 und 2001 zwischen mehrmonatigen Beschäftigungszeiten jeweils für mehrere Monate Arbeitslosengeld (Alg) erhalten hatte, wendet sich gegen die in einem Änderungsbescheid abgesenkte Höhe des Bemessungsentgelts.
Der ... 1943 geborene, verheiratete Kläger ist von Beruf Elektromeister (Steuerklasse III, keine Kinder). Er übte in seinem Beruf bis zum 31. Dezember 1997 eine Beschäftigung mit in der monatlichen Höhe schwankenden Einkünften aus, bei der er in den Monaten Mai bis Juli 1997 ein Arbeitsentgelt erzielte, das über der für das Jahr 1997 maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze von 8.200,00 DM lag. Auf seinen Antrag bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 1998 für die Zeit ab 1. Januar 1998 Leistungen auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 1.750,00 DM. Bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts ließ die Beklagte - was unstreitig ist - die Beitragsbemessungsgrenze unbeachtet, bei deren Beachtung richtig ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 1.590,00 DM zugrunde zu legen gewesen wäre.
In der Zeit vom 1. März 1998 bis 31. Oktober 1999 war der Kläger wieder beschäftigt. Danach bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 17. November 1999 ab dem 1. November 1999 Alg in Höhe von wöchentlich 637,77 DM, wobei sie - wie im vorherigen Bewilligungszeitraum - ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 1.750,00 DM zugrunde legte.
In der Zeit vom 14. März 2000 bis zum 24. April 2001 hatte der Kläger wiederum eine Beschäftigung gefunden. Auf seinen Antrag bewilligte ihm danach die Beklagte mit Bescheid vom 21. Mai 2001 ab dem 25. April 2001 Alg in Höhe von wöchentlich 671,72 DM und legte dabei erneut ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 1.750,00 DM zugrunde. Die Leistungen wurden mit Bescheid vom 31. Mai 2001 mit diesem Tage eingestellt, weil der Kläger wieder Arbeit gefunden hatte.
In der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 10. August 2001 war der Kläger beschäftigt. Im Zeitraum vom 11. August bis zum 11. November 2001 bezog er Krankengeld. Er meldete sich am 12. November 2001 arbeitslos.
Auf seinen Antrag bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 7. Dezember 2001 Alg in Höhe von wöchentlich 638,82 DM und legte dabei allerdings nur ein wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 1.650,00 DM zugrunde, was umgerechnet einem gerundeten Bemessungsentgelt von 845,00 € entspricht. Dabei ging die Beklagte davon aus, dass in der zuletzt genannten Beschäftigungszeit und dem anschließenden Krankengeldbezug keine neue Anwartschaftszeit erfüllt sei und somit keine Neubemessung zu erfolgen hätte. Das Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung vom 14. März 2000 bis 24. April 2001 legte sie aber deshalb zugrunde, weil es höher als das wöchentliche Arbeitsentgelt war, das für die Zeit der Beschäftigung ab 1. März 1998 bis zum 31. Oktober 1999 bei Beachtung der Beitragsbemessungsgrenze hätte zugrunde gelegt werden müssen.
Mit Änderungsbescheid vom 10. Januar 2002 setzte die Beklagte für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 die wöchentlichen Leistungen auf 326,79 € wiederum auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 845,00 € fest. Die vorgenannten Bescheide wurden bestandskräftig.
Mit Änderungsbescheid vom 25. April 2002 erhöhte die Beklagte ab dem 25. April 2002 die wöchentlichen Leistungen auf 331,45 € auf der Grundlage eines erhöhten wöchentlichen Bemessungsentgelts von 860,00 €.
Gegen den ihm am 30. April 2002 zugegangenen Bescheid legte der Kläger am 27. Mai 2002 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass das wöchentliche Bemessungsentgelt von 860,00 € zu niedrig angesetzt worden sei. Vielmehr müsse auf das wöchentliche Bemessungsentgelt von 1.750,00 DM (= gerundet 895,00 €) zurückgegriffen werden, wie es in den Bescheiden der Beklagten vom 28. Januar 1998, 17. November 1999 und 21. Mai 2001 zugrunde gelegt worden sei. Dies ergebe sich aus der gesetzlichen ...