Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Ermächtigung. Krankenhausarzt. Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien. Bedarfsermittlung
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung darüber, ob und inwieweit eine Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, steht den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum zu (vgl zuletzt BSG vom 14.7.1993 - 6 RKa 71/91 = BSGE 73, 25, 29).
2. Zur Ermittlung des in Betracht kommenden qualitativ-speziellen Bedarfs kann nicht auf einen Bedarfsplan zurückgegriffen werden. Ein solcher kann den Bedarf von einzelnen vertragsärztlichen Leistungen nicht regeln, die zuständigen Ausschüsse sind auch nicht zur Erstellung derartiger Bedarfspläne verpflichtet.
3. Die Prüfung des qualitativ-speziellen Bedarfs für die Ermächtigung eines Arztes hat anhand von Hilfskriterien zu erfolgen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine erweiterte Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.
Der 1942 geborene Kläger ist Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und ärztlicher Direktor der Frauenklinik des Krankenhauses N. in H.. Auf seinen Antrag wurde er mit Beschluß des Zulassungsausschusses bei der Bezirksstelle H. der Kassenärztlichen Vereinigung vom 2. Dezember 1991 für die Zeit bis zum 30. Juni 1993 zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung für folgende Leistungen ermächtigt:
1. Zytologische Untersuchungen beschränkt auf Abstriche vom weiblichen Genitale und der Mamma Nach den Geb-Nrn. 155, 168, 4851, 4852, 7100
2. Mammographien
3. Ultraschalluntersuchungen der weiblichen Brust einschließlich Punktionen
- Auf Überweisung von niedergelassenen Kassenärzten -
4. a) Einmalige Voruntersuchung zur Operationsindikationsstellung bei komplizierten Eingriffen im kleinen Becken bei onkologischen Patientinnen
- Auf Überweisung von niedergelassenen Gynäkologen -
b) Einmalige Voruntersuchung zur Operationsindikationsstellung in der Senologie
- Auf Überweisung von niedergelassenen Gynäkologen und Chirurgen -
Im Februar 1993 beantragte der Kläger die erneute Ermächtigung für die Folgezeit. Der Zulassungsausschuß H. ermächtigte den Kläger daraufhin mit Beschluß vom 14. September 1993 für die Zeit bis zum 30. Juni 1995 wie folgt:
1. Zytologische Untersuchungen beschränkt auf Abstriche der weiblichen Genitale und der Mamma Nach den Geb-Nrn. 155, 168, 4851, 4852, 7100, 7101, 7113
- Auf Überweisung von niedergelassenen Vertragsärzten -
2. a) Einmalige Voruntersuchung zur Operationsindikationsstellung bei komplizierten Eingriffen im kleinen Becken bei onkologischen Patientinnen
- Auf Überweisung von niedergelassenen Gynäkologen -
b) Einmalige Voruntersuchung zur Operationsindikationsstellung in der Senologie, einschl. der erforderlichen Mammographien und Ultraschalluntersuchungen der weiblichen Brust einschließlich Punktionen
- Auf Überweisung von niedergelassenen Gynäkologen und Chirurgen -
Im folgenden Widerspruchsverfahren wandte sich der Kläger dagegen, daß er Mammographien und Ultraschalluntersuchungen der weiblichen Brust einschließlich Punktionen nur noch auf Überweisung von niedergelassenen Gynäkologen und Chirurgen vornehmen dürfe. Der Beschluß des Zulassungsausschusses enthalte keine Begründung, warum im Rahmen der Ermessensregelung des § 31a Abs 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Kassenärzte (Ärzte-ZV) keine Ermächtigung erteilt worden sei. Den Fall der Sicherstellung der Versorgung regele § 31a Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV im Rahmen einer gebundenen Entscheidung. Im Rahmen des Satzes 1 der Vorschrift habe der beantragende Krankenhausarzt jedoch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, hierzu enthalte der Beschluß jedoch keine Ausführungen. Die antragsgemäß erteilte Ermächtigung bis zum 30. Juni 1993 habe nicht zu einer Störung der vertragsärztlichen Versorgung geführt. Seither seien keine Änderungen bekannt geworden, die eine andere Entscheidung rechtfertigen würden.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Beschluß des Beklagten vom 18. Mai 1994, abgesandt per Einschreiben am 10. Juni 1994). Eine Ermächtigung von Krankenhausärzten sei immer nur dann möglich, wenn ein Sicherstellungsbedürfnis im Sinne einer Bedarfslücke entweder in quantitativer und/oder qualitativer Hinsicht bei der Versorgung der Versicherten auf dem ambulanten Sektor vorliege. In Hannover würden Mammographien und Mammasonographien von einer Vielzahl von Ärzten durchgeführt, ohne daß Klagen über zu lange Wartezeiten bei der Durchführung dieser Untersuchungen bekannt geworden seien. Ein Sicherstellungsbedürfnis für eine zusätzliche Ermächtigung bestehe nicht.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger mit am 13. Juli 1994 beim Sozialgericht (SG) Hannover eingegangenem Schreiben Klage erhoben und diese unter Hinweis auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren ergänzend wie folgt begründet: Es liege nicht im Belieben der Zulassungsstellen, ob sie auf einen Bedarfsplan zurückgriffen; die Ermittlung von Versorgungslücken obliege ihnen als gesetzl...