Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. kein Anspruch auf Inlayversorgung bei Amalgamunverträglichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Inlay ist eine einheitliche komplexe Leistung, bestehend aus der zahnärztlichen und der Zahnlaborleistung. Ein Anspruch des Versicherten auf Inlays richtet sich daher ebenso wie bei den übrigen komplexen zahnärztlichen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach den vertragszahnärztlichen Bestimmungen. Die vertragszahnärztlichen Bestimmungen sehen eine Abrechnung von Inlays nicht vor.

2. Der Versicherte hat gegen seine gesetzliche Krankenkasse für Behandlungen bis zum 28.10.1996 keinen Kostenerstattungsanspruch bei der Versorgung mit Inlays.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für eine Inlayversorgung.

Die im Jahre 1963 geborene Klägerin ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Im Januar 1992 beantragte die Klägerin offensichtlich zum wiederholten Male eine Entfernung ihrer Amalgamfüllungen und die Versorgung mit Inlays wegen einer Amalgamintoxikation. Gleichzeitig legte sie die Bescheinigung des Zahnarztes Dr. W vom 11. Dezember 1991 vor. Dieser wies unter Bezugnahme auf den Bericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B vom 16. November 1991 darauf hin, daß aufgrund der allgemeinärztlichen Untersuchung Amalgam nicht als Füllungsmaterial geeignet sei. Ferner führte Dr. W aus, daß sich auch Kunststoff im Sinne einer dauerhaften, präventiven und toxikologisch unbedenklichen Füllung nicht eigne. Als Alternative zum Amalgam komme nur ein Edelmetallinlay als langfristiges sowie toxikologisch unbedenkliches Füllungsmaterial in Betracht. Im Verwaltungsverfahren legte die Klägerin ferner den Bericht des Hautarztes Dr. D vom 25. September 1992 vor, wonach die Epikutanallergietestung auf Amalgam negativ verlaufen ist. Außerdem wies sie darauf hin, daß sie gegen Nickel(II)-Sulfat, Kobalt(II)-Chlorid, Palladiumchlorid, Duftstoff Mix und Epoxidharz allergisch sei. Mit Bescheid vom 10. November 1992 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung für Inlays über die bereits bewilligten Zuschüsse hinaus ab. Am 16. November 1992 begab sich die Klägerin in die zahnärztliche Behandlung des Dr. W und legte mit Schreiben vom 4. Dezember 1992 Widerspruch gegen die Entscheidung der Beklagten ein. Am 9. Februar 1993 war die Inlayversorgung der Klägerin abgeschlossen. Die Kosten hierfür beliefen sich nach den Liquidationen des Zahnarztes Dr. W vom 8. Dezember 1992 - Referenz 1805/1918 - und 18. Februar 1993 auf 1.054,34 DM und 2.077,11 DM. Die Beklagte bewilligte der Klägerin hierauf Zuschüsse in Höhe von 452,70 DM und 930,78 DM. In ihrer Widerspruchsbegründung vom 6. August 1993 vertrat die Klägerin die Ansicht, die Beklagte sei zur vollständigen Kostenerstattung verpflichtet. Vor der Amalgamsanierung habe sie, die Klägerin, an einem fortschreitenden bzw schon chronifizierten Kräfteschwund und weiteren Krankheitserscheinungen wie zB Darmbeschwerden, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Hautekzemen und Nervosität gelitten. Nach dem bei ihr durchgeführten DMPS-Test und dem Kautest habe bei ihr eine ungewöhnlich hohe Belastung des Körpers durch die im Amalgam enthaltenen Schwermetalle vorgelegen. Nach der Amalgamsanierung habe sich ihr gesamter körperlicher und seelischer Gesundheitszustand stabilisiert. Da sie unter einer Palladiumallergie leide, habe eine Neuversorgung mit hochgoldhaltigen Legierungen erfolgen müssen. Zum Nachweis ihrer Amalgamintoxikation legte die Klägerin das Gutachten des Dr. B vom 31. Oktober 1992 vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 1993 - der Klägerin zugestellt am 12. November 1993 - wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Einlagefüllungen seien nach dem zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Ersatzkassenverbänden gemäß § 72 Abs 2 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) geschlossenen Vertrages für die konservative zahnärztliche Versorgung der Versicherten nicht vorgesehen. Mit Rücksicht auf den hohen therapeutischen Wert von Einlagefüllungen zahle sie, die Beklagte, gleichwohl Zuschüsse. Diese seien auch der Klägerin zugesichert worden. Ein darüber hinausgehender Anspruch bestehe nur bei durch Allergiepaß nachgewiesener Unverträglichkeit gegenüber Füllungen aus praxisüblichem Material (zB Amalgam). Zudem sei die Vorlage einer zahnärztlichen Bescheinigung, daß ein vertragsübliches Füllungsmaterial nicht verwendet werden könne, erforderlich. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht. Der von der Klägerin durchgeführte DMPS-Test sei nicht für diagnostische Zwecke zugelassen und werde daher nicht anerkannt. Der Speicheltest sei nicht geeignet, eine Quecksilberbelastung im Körper nachzuweisen.

Hiergegen hat die Klägerin am 9. Dezember 1993 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben. Zur Begründung hat sie sich auf ihre Begründung im Widerspruchsverfahren berufen und ergänzend insbesondere auf folgendes hingewiesen: Nach dem "Kieler-Amalgam-Gutachten" sei offensichtlich, daß Amal...

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