Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Ermächtigung. Krankenhausarzt. Versorgungslücke. Bedarfsprüfung. Zulassungsgremien. Beurteilungsspielraum. Förderung. Mutterschaftsvorsorgeleistung. Schwangerschaftsuntersuchung
Orientierungssatz
1. Die Teilnahme von Krankenhausärzten kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn ohne sie Versorgungslücken auftreten würden. Die Erteilung einer Ermächtigung setzt mithin das Bestehen eines Bedarfs voraus. Bei der Entscheidung darüber, ob und inwieweit eine Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, steht den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum zu (vgl ua BSG vom 27.2.1992 - 6 RKa 15/91 = SozR 3-2500 § 116 Nr 2). Für Leistungen der Mutterschaftsvorsorge gibt § 5 Abs 3 BMV-Ä einen Maßstab für die Ausübung des Beurteilungsspielraums bei der Prüfung des Bedarfs vor (vgl BSG vom 22.6.1994 - 6 RKa 22/93 = SozR 3-5540 § 5).
2. § 5 Abs 3 BMV-Ä stellt nur allgemein auf die Förderung der Inanspruchnahme von Mutterschaftsvorsorgeleistungen ab, nicht aber auf die Förderung einer bestimmten Anzahl von Untersuchungen pro Schwangerschaft.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger die Ermächtigung zur Durchführung von Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen zu Recht versagt worden ist.
Der am 17. Dezember 1935 geborene Kläger ist Arzt für Frauenheilkunde und Chefarzt der geburtshilflichen-gynäkologischen Abteilung des B.-Hospitals L.. Mit Bescheid vom 25. November 1991 ermächtigte der Zulassungsausschuß A. für die Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1993 widerruflich zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung für bestimmte, im einzelnen bezeichnete Leistungen auf Überweisung durch Kassenärzte. Mit Bescheid vom 19. Oktober 1992 ermächtigte der Zulassungsausschuß A. den Kläger zusätzlich für die Zeit vom 1. Oktober 1992 bis 31. Dezember 1993 zu Krebsfrüherkennungsuntersuchungen bei Frauen. Gleichzeitig bestimmte er, daß die Genehmigung zur Durchführung der Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen mit dem 31. Dezember 1992 ende. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 28. Juni 1993 beantragte der Kläger die Erweiterung seines Ermächtigungskatalogs um die Durchführung von Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen und die im Rahmen der Krebsfrüherkennungsuntersuchungen erforderlich werdende Mammadiagnostik. Mit Beschluß vom 8. September 1993 (Bescheid vom 24. September 1993) lehnte der Zulassungsausschuß A. für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit den Antrag des Klägers auf Erweiterung seiner bisherigen Ermächtigung um die Durchführung der Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen ab. Die Sicherstellung der Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen sei durch die niedergelassenen Ärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in L. gegeben. Auch unter Berücksichtigung des Förderungsgedankens des § 5 Abs 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) scheide eine Ermächtigung des Klägers insoweit aus. Da bei Mutterschaftsvorsorgeleistungen in Niedersachsen die Inanspruchnahmequote bei wenigstens 90 % liege, sei eine weitere Förderung der Inanspruchnahme durch die Ermächtigung des Klägers nicht zu erwarten. Der Erweiterungsantrag bezüglich der Mammadiagnostik sei ebenfalls abzulehnen, da für diesen Bereich bereits der Oberarzt der gynäkologischen Abteilung des B.-Hospitals L. ermächtigt sei. Gegen diesen Beschluß legte der Kläger hinsichtlich der Ablehnung seiner Ermächtigung zur Durchführung von Mutterschaftsvorsorgeleistungen am 19. Oktober 1993 Widerspruch ein.
Mit Beschluß vom 7. Dezember 1993 (Bescheid vom 23. Dezember 1993) ermächtigte der Zulassungsausschuß Aurich den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1995 für 9 Leistungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Eine Ermächtigung zur Durchführung der Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen sowie der Mammadiagnostik erfolgte wiederum nicht. Hiergegen legte der Kläger am 17. Januar 1994 Widerspruch ein, in dem er auf beide der vorgenannten Leistungen eingeht.
Mit Beschluß vom 18. Mai 1994 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluß vom 8. September 1993 zurück und führte zur Begründung im wesentlichen aus: Die Inanspruchnahmequote bei Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen liege nach einer Stellungnahme der Beigeladenen zu 7) bei 90% und darüber. Diese Quote steige sogar auf 98%, wenn man die Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen nach der 12. Schwangerschaftswoche mit einbeziehe. Soweit der Kläger der Meinung sei, daß das Entfallen seiner Beteiligung zu einem Absinken der hohen Inanspruchnahmequote führen könne, sei folgendes anzumerken. Die hohe Inanspruchnahmequote lasse erkennen, wie verantwortungsbewußt die Frauen mit der Mutterschaftsvorsorge umgingen. Aufgrund dessen sei nicht zu erwarten, daß die Frauen, die die Mutterschaftsvorsorgeleistungen bisher vom Kläger hätten durchführen lassen, nach Wegfall seiner Beteiligung diese Leistungen nicht mehr ...