Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausträger. Krankenhausbehandlung. Vergütungsanspruch. Kostenübernahmeerklärung. Sachleistungsprinzip. Geschäftsführung ohne Auftrag
Leitsatz (amtlich)
1. Der Vergütungsanspruch des Krankenhausträgers gegen die Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung entsteht - wenn keine Kostenübernahmeerklärung mehr vorliegt und eine Verlängerung nicht rechtzeitig beantragt ist - grundsätzlich unmittelbar durch die Inanspruchnahme der Sachleistung durch den Versicherten.
2. Der Vergütungsanspruch des Krankenhausträgers gegen die Krankenkasse reicht so weit, wie der Behandlungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse geht.
3. Hat die Krankenkasse gegenüber dem Versicherten den Anspruch auf Krankenhausbehandlung bindend abgelehnt, entfällt auch ein Vergütungsanspruch des Krankenhausträgers gegen die Krankenkasse.
4. Die Krankenkasse ist aufgrund des Sachleistungsprinzips grundsätzlich verpflichtet, den Versicherten von den Kosten der Krankenhausbehandlung freizustellen. Dem Krankenhausträger steht insoweit kein privatrechtlicher Vergütungsanspruch gegen den Versicherten zu.
5. Die Vorschriften des BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677ff BGB) sind auf die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenhausträger, Krankenkasse und gesetzlich Versicherten nicht - auch nicht entsprechend - anwendbar.
Tatbestand
Der Kläger, der Träger des St.-W -Hospitals in ist, begehrt die Zahlung von Krankenhauskosten für die Behandlung der beigeladenen Christa M vom 1. April 1994 bis 26. April 1994 in Höhe von 10.241,40 DM.
Die 1936 geborene Beigeladene ist bei der Beklagten familienversichert. Im März 1990 wurde bei ihr eine jejunoileale Bypass-Operation (Dünndarmverkürzung) zur Gewichtsreduktion durchgeführt. Vom 25. September bis 4. Oktober 1990 befand sich die Beigeladene erneut in stationärer Behandlung (Diagnosen: Zustand nach jejunoilealem Bypass bei Adipositas per magna, Ulcus cruris beidseits, Gonarthrose beidseits, Arthrose des linken oberen Sprunggelenkes, Stauungsekzem beider Unterschenkel mit Lymphödem). Am 27. August 1991 wurde bei der Beigeladenen eine Herniotomie und Magenteilresektion durchgeführt (stationärer Aufenthalt 26. August bis 17. September 1991).
Der Arzt Dr W verordnete der Beigeladenen am 1. März 1994 Krankenhausbehandlung wegen Bauchbeschwerden bei Zustand nach jejunoilealem Bypass. Der Kläger beantragte am 8. März 1994 bei der Beklagten die Kostenübernahme für die am 8. März 1994 begonnene Krankenhausbehandlung. Mit Schreiben vom 9. März 1994 teilte die Beklagte mit, dass die Kosten für die Dauer der erforderlichen Krankenhausbehandlung übernommen würden. Dieses Schreiben enthielt keine Befristung.
Mit Schreiben vom 29. März 1994 sagte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Kostenübernahme bis zum 31. März 1994 zu. Darin heißt es ua:
"Sollte bis dahin eine Entlassung nicht möglich sein, wird um eine erneute und so rechtzeitige Vorlage des ärztlich begründeten Verlängerungsantrages gebeten, dass der medizinische Dienst vor Fristablauf dazu Stellung nehmen kann. Anderenfalls muss eine weitere Kostenübernahme abgelehnt werden."
Die Beigeladene wurde seitens der Beklagten über die Kostenübernahme nicht informiert. Am 21. März 1994 wurde bei der Beigeladenen eine Gastrojejunostomie (Verkleinerung des Magens um 1/6) durchgeführt. Dabei kam es ausweislich des Krankenhausentlassungsberichtes zu einer Verletzung und Entfernung der Milz (Splenektomie). Am 3. April 1994 wurde eine Abszeßspaltung durchgeführt.
Mit Schreiben vom 7. April 1994 - bei der Beklagten am 14. April 1994 eingegangen -beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Verlängerung der Kostenübernahme von 15 Tagen, da aus medizinischen Gründen eine Weiterbehandlung erforderlich sei. Als ärztliche Begründung wurden Magen- und intestinal Bypass-Operation, Bauchdeckenabszess mit sekundärer Wundheilung angegeben.
Unter dem 24. Mai 1994 teilte die Beklagte dem Kläger nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 19. Mai 1994 mit, dass eine Beurteilung des Verlängerungsantrages erst nach Vorlage der vollständigen Krankenakte vorgenommen werden könne. Weder die präoperative Verweildauer von 13 Tagen noch die Indikation für die am 21. März 1994 durchgeführte OP seien ersichtlich. Zudem bestehe bei intraoperativer Verletzung der Milz mit Folge des Milzverlustes der Verdacht auf einen Behandlungsfehler.
Nach Einholung von gutachtlichen Stellungnahmen des MDK vom 29. August 1994 und 13. Oktober 1994 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Oktober 1994 die Zahlung der Kosten für die stationäre Behandlung vom 1. April 1994 bis 26. April 1994 gegenüber der Beigeladenen ab. Sie führte zur Begründung aus, dass die Kosten der stationären Behandlung über den 31. März 1994 hinaus nicht übernommen werden könnten, da die beratenden Ärzte des MDK keine Notwendigkeit dieser Behandlung gesehen hätten bzw diese auf einem Behandlungsfehler beruhe. Sie wies den Widerspruch der Beige...