Entscheidungsstichwort (Thema)

HNO-Arzt mit Zusatzbezeichnung Chirotherapie. Röntgendiagnostik der Halswirbelsäule. fachfremde Leistung

 

Leitsatz (amtlich)

Der als HNO-Arzt zugelassene Vertragsarzt darf Leistungen nach den Nr 5030, 5032 und 5034 BMÄ/E-GO als für ihn fachfremd selbst dann nicht erbringen, wenn er die Zusatzbezeichnung Chirotherapie führen darf.

 

Tatbestand

Der Kläger, ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde -, begehrt die Genehmigung zur Durchführung radiologischer Leistungen nach den Gebühren-Ziffern 5030, 5032 und 5034 des Abschnitts Q I. 2 Bewertungsmaßstab Ärzte (BMÄ)/Ersatzkassengebührenordnung (E-GO) im Rahmen der Chirotherapie.

Diese lauten wie folgt:

5030:

Teile der Wirbelsäule in mindestens

2 Ebenen.

5032:

Halswirbelsäule, ggf einschließlich

der Übergangsbereiche,

in mindestens 3 Ebenen.

5034:

Zuschlag zu den Leistungen des

Abschnitts Q I.2 für eine

oder mehrere Aufnahmen nach

Reposition(en) einer Fraktur

und/oder Luxation.

Nach Erwerb der Zusatzbezeichnung "Chirotherapie" am 18. Februar 1994 beantragte der Kläger am 27. April 1994 die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung der Leistungen nach den vorgenannten Gebühren-Ziffern im Rahmen der Chirotherapie. Die Bezirksstelle H. der Beklagten holte darauf die Stellungnahme der Ärztekammer N. vom 1. Juli 1993 ein, nach der das Röntgen der Halswirbelsäule nicht zum Fachgebiet des HNO-Arztes gehört, und zwar auch dann nicht, wenn dieser chirotherapeutische Leistungen erbringt. Unter Hinweis auf die Stellungnahme der Ärztekammer lehnte die Bezirksstelle H. der Beklagten den Antrag zunächst mit einfachem Schreiben vom 27. April 1994 und sodann mit Bescheid vom 24. Juni 1994 ab. Auf den Widerspruch des Klägers holte die Beklagte die Stellungnahmen des Vorsitzenden der Radiologie-Berufungskommission Dr. B. vom 7. September 1994 und der übrigen Kommissionsmitglieder, des Arztes für Chirurgie Dr M. vom 15. September 1994, des Arztes Dr. B. vom 10. Oktober 1994 und des Arztes für Radiologie Dr. W. vom 15. September 1994 ein. Diese bewerteten die beantragten Leistungen ebenfalls als nicht zum Fachgebiet der HNO-Heilkunde gehörend. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 1994 - dem Kläger zugestellt am 9. Dezember 1994 - wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 4. Januar 1995 Klage vor dem Sozialgericht (SG) H. erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, daß die Röntgendiagnostik der Halswirbelsäule zum Gebiet der HNO-Heilkunde zähle. Aus der Definition des Gebiets der HNO-Heilkunde in der Nds. Weiterbildungsordnung ergebe sich eindeutig, daß der Hals zu diesem Fachgebiet gehöre. Damit zähle auch die Wirbelsäule im Bereich des Halses sowie die Röntgendiagnostik der Halswirbelsäule zum Gebiet der HNO-Heilkunde. Außerdem besitze er die Zusatzbezeichnung "Chirotherapie" und damit die Befugnis zur Durchführung und Abrechnung chirotherapeutischer Behandlungen. Diese setzten die entsprechende Röntgendiagnostik voraus. Ein chirotherapeutischer Eingriff ohne Vorlage eines entsprechenden Röntgenbildes könne sich je nach Verlauf der Behandlung als Behandlungsfehler darstellen. Die Behandlung der Halswirbelsäule in bezug auf hno-ärztliche Krankheitsbilder verlange von dem Therapeuten eine genaue Kenntnis der im Röntgenbild sichtbaren anatomischen und funktionellen Veränderungen. Auf Grund dessen sei es erforderlich, daß der Untersucher und Therapeut die Einstellung des Patienten am Röntgenschirm persönlich vornehme. Aus diesem Grunde sei eine Delegierung der Röntgenaufnahmen an einen Radiologen oder Orthopäden fachmedizinisch nicht geboten. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß die obere Halswirbelsäule fachmedizinisch und damit ebenso weiterbildungsrechtlich als Teil des Gleichgewichtsorgans anzusehen sei. Er, der Kläger, sei auch für die Durchführung der beantragten Leistungen qualifiziert. Zum Nachweis für seine Qualifikation hat der Kläger das Zeugnis von Prof. Dr. St., Städtische Hals-, Nasen-, Ohrenklinik in B. vom 9. Januar 1978 und die Bescheinigung des Arztes für Orthopädie Dr. A. in H. vom 16. August 1995 vorgelegt.

Das SG hat mit Urteil vom 23. August 1995 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Mit der Erbringung der beantragten Leistungen überschreite der Kläger zwar nicht sein Fachgebiet. In den für die Weiterbildung des Klägers maßgeblichen Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung der Ärztekammer Niedersachsen vom 4. Oktober 1980 werde der Erwerb von eingehenden Kenntnissen und Erfahrungen in der fachgebundenen Röntgendiagnostik vorgeschrieben (Ziffer I Nr 7 der Anl zur Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen). Darüber hinaus schließe sich die Kammer der Einschätzung des Bayerischen Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 11. Januar 1995 - Az.: L 12 Ka 78/93 - an, wonach die streitbefangenen Leistungen unter dem Gesichtspunkt der Einheit des Arztberufes und der sachgerechten Abgrenzung der Gebiete jedenfa...

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