Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Pflegeversicherung. schwenkbarer Autositz kein Pflegehilfsmittel

 

Orientierungssatz

1. Es ist nicht zu beanstanden, dass in dem Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegeversicherung ein schwenkbarer Autositz nicht aufgeführt ist.

2. Für eine Annahme der Eigenschaft eines Hilfsmittels iS des § 40 Abs 1 SGB 11 muss gewährleistet sein, dass das Hilfsmittel der Ermöglichung bzw Erleichterung von Pflege und nicht anderen Zwecken - etwa der Ausübung einer Berufstätigkeit - dient.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.04.2002; Aktenzeichen B 3 P 10/01 R)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung der Hälfte ihrer Aufwendungen für die Anschaffung eines schwenkbaren Autositzes.

Die 1940 geborene Klägerin, die bei der Beklagten privat krankenversichert und privat pflegeversichert ist, bezieht von dieser Leistungen nach Pflegestufe II wegen einer beinbetonten Tetraspastik mit Bewegungsunfähigkeit der Beine und erheblicher Bewegungseinschränkung der Arme. Bis Ende April 2000 war die Klägerin als beamtete Bibliothekarin berufstätig.

Im Jahr 1998 ließ die Klägerin in ihren Pkw einen schwenkbaren Autositz einbauen. Von dem dafür in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von 5.438,08 DM begehrte sie von der Beklagten unter Vorlage einer Bescheinigung des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. T die hälftige Übernahme der Kosten für Anschaffung und Einbau des Autositzes. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19. August und 29. Oktober 1998 ab. Zur Begründung dafür berief sie sich auf ihre Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung (Bedingungsteil MB/PPV 1996). Ein schwenkbarer Autositz sei im Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegeversicherung nicht aufgeführt.

Das Sozialgericht Hannover hat die auf Erstattung von 2.719.08 DM nebst Zinsen gerichtete Klage durch Urteil vom 26. September 2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus dem zwischen den Beteiligten abgeschlossenen und für den geltend gemachten Anspruch allein näher in Erwägung zu ziehenden Pflegeversicherungsvertrag lasse sich ein entsprechender Erstattungsanspruch nicht herleiten. Dieser sehe gemäß § 4 Abs. 7 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen -- Bedingungsteil MB/PPV 1996 vor, dass versicherte Personen gemäß Nr. 4 des Tarifs PV Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Pflegehilfsmittel und technische Hilfe hätten. Nach Ziff. 4 des Tarifs PV seien die Aufwendungen für die in dem Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführten Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen erstattungsfähig. Ein schwenkbarer Autositz sei jedoch weder in dem Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgeführt, das im Anschaffungszeitpunkt gültig gewesen sei noch in dem aktuellen ab Januar 2000 wirksamen Verzeichnis. Die entsprechenden vertraglichen Bestimmungen ständen nicht in Widerspruch zu den §§ 23, 40 SGB XI, nach denen der private Pflegepflichtversicherungsvertrag Leistungen vorsehen müsse, die nach Art und Umfang den Leistungen des 4. Kapitels des SGB XI gleichwertig seien. Auch wenn § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI insoweit regele, dass Pflegebedürftige Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln hätten, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitrügen oder ihm eine selbstständige Lebensführung ermöglichten, gehörten hierzu dem Zweck des SGB XI entsprechend nur solche Hilfsmittel, die es dem Pflegebedürftigen ermöglichten, in seinem häuslichen Umfeld zu verbleiben und dort gepflegt zu werden (BSG, Urteil vom 03. November 1999 -- Az.: B 3 P 3/99 R). Der schwenkbare Autositz zähle nicht hierzu, denn sein Zweck habe nach den Angaben der Klägerin vor allem darin bestanden, ihr weiterhin eine berufliche Tätigkeit als Bibliothekarin außerhalb ihres Haushaltes zu ermöglichen.

Gegen das -- am 26. Oktober 2000 zugestellte -- Urteil hat die Klägerin am 20. November 2000 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Sozialgericht habe das für die Begründung seiner Entscheidung herangezogene Urteil des BSG vom 03. November 1999 zu eng ausgelegt. In diesem Urteil sei es um ein Hilfsmittel im häuslichen Bereich gegangen, so dass die Argumentation des BSG schwerpunktmäßig auch auf diesen Bereich ausgerichtet gewesen sei. Daraus dürfe indessen nicht der Schluss gezogen werden, dass nach der Rechtsauffassung des BSG Hilfsmittel für Pflegebedürftige auf den Bereich der häuslichen Umgebung zu beschränken seien. Vielmehr gehe es in § 40 Abs. 1 SGB XI nicht allein um die Grundpflege, sondern um eine umfassende Erleichterung der Pflege. Dazu habe das BSG u.a. ausgeführt, dass der Pflegemitteleinsatz für ein Verbleiben im häuslichen Bereich vor allem bei solchen Pflegebedürftigen von ausschlaggebender Bedeutung sein könne, die nicht über eine ständig anwesende Pflegeperson verfügten, sondern ihre Pflege durch externe Pflegepersonen bzw. Pflegesachleistungen sicherstellten. Es liege auf der Hand, dass gerade bei d...

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