Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewaltopferentschädigung. Ausländer. Strafhaft. abgelaufene Aufenthaltserlaubnis. Duldung
Orientierungssatz
1. Kein Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) bei einem sich in Strafhaft befindlichen Ausländer, dessen Aufenthaltserlaubnis abgelaufen war und der keine ausländerrechtliche Duldung iS des § 55 Abs 1 AuslG 1990 besaß.
2. Nicht anders als mit dem Begriff des rechtmäßigen Aufenthalts in § 1 Abs 5 S 1 OEG wird mit dem Begriff des geduldeten Aufenthalts in § 1 Abs 5 S 2 OEG auf den ausländerrechtlichen Status des Betroffenen Bezug genommen. Geduldet iS dieser Bestimmung ist der Aufenthalt eines Ausländers daher nur dann, wenn ihm die zuständige Ausländerbehörde eine ausländerrechtliche Duldung iS von § 55 Abs 1 AuslG 1990 erteilt hat.
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er begehrt Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz -- OEG --.
Der 1963 geborene Kläger, der seinerzeit im Besitz einer bis zum 21. November 1993 befristeten Aufenthaltserlaubnis war, wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 10. November 1993 wegen fortgesetzten unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Zu einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kam es daraufhin nicht mehr. Ebenso wenig wurde in der Folgezeit eine ausländerrechtliche Duldung erteilt.
Der Kläger trat die Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt B an. Dort erlitt er am 26. Juli 1994 aus Anlaß eines Streits mit einem Mithäftling einen Schlag mit einem Billardstock auf den Kopf, so daß er eine offene Kompressionsfraktur davontrug. Wegen dieser Kopfverletzung wurde der Kläger vom 26. Juli bis zum 2. August 1994 im Klinikum M und vom 3. August bis zum 18. August 1994 im Justizvollzugskrankenhaus der Justizvollzugsanstalt L I stationär behandelt. Wegen der Einzelheiten des Behandlungsverlaufs wird auf die Berichte beider Kliniken verwiesen.
Am 10. Oktober 1994 stellte Kläger Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Zur Begründung gab er an, an Kopfschmerzen und Schwindelanfällen zu leiden.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 1995 lehnte das Versorgungsamt H den Antrag unter Hinweis darauf ab, daß die Aufenthaltserlaubnis des Klägers zum Tatzeitpunkt bereits abgelaufen gewesen sei und der Kläger sich deshalb nicht mehr erlaubt im Bundesgebiet aufgehalten habe.
Am 18. Oktober 1995 erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, daß sich ein Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis wegen der ohnehin bestehenden Strafhaft erübrigt habe. Den Widerspruch wies das Landesversorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 1996 zurück.
Am 23. Januar 1996 ist Klage erhoben worden. Der Kläger hat sein Vorbringen vertieft und geltend gemacht, daß ihn die Haft ohne Rücksicht auf das Bestehen einer Aufenthaltserlaubnis gezwungen habe, die Strafe in der Bundesrepublik zu verbüßen. Er habe sich in einem besonderen, öffentlich-rechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis befunden. Einer ausländerrechtlichen Ausreiseverpflichtung habe er nicht genügen können. Aus diesen Gründen müsse sein Aufenthalt als erlaubt gelten und Schutz nach Maßgabe des OEG gewährt werden. Jedenfalls gehöre er zu dem nach § 1 Abs. 5 OEG anspruchsberechtigten Personenkreis, da an seinem Aufenthalt in der Bundesrepublik zur Verbüßung der Strafhaft ein besonderes öffentliches Interesse bestanden habe.
Nachdem der Kläger -- unter Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung -- am 13. Februar 1997 in die Türkei abgeschoben worden ist, hat das Sozialgericht Hannover die Klage mit Urteil vom 22. Juli 1997 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger sei nicht nach § 1 Abs. 5 Satz 1 OEG anspruchsberechtigt, da er sich nach Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis nicht mehr rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe. Auch fehle es an einer Anspruchsberechtigung gem. § 1 Abs. 5 Satz 2 OEG. Soweit hiernach auch der aus humanitären Gründen oder aus erheblichem öffentlichen Interesse geduldete Aufenthalt eines Ausländers als rechtmäßig gelte, fehle es im Falle des Klägers jedenfalls an der erforderlichen Erteilung einer Duldung.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 20. August 1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. September 1997 Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 22. Juli 1997 sowie den Bescheid des Versorgungsamtes Hannover vom 10. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes vom 2. Januar 1996 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung den Entlassungsbericht des Klinikums M vom 2. August 1994 und den Abschlußbericht des J...