Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. orthopädischer Bürostuhl. Hilfsmittel
Orientierungssatz
Ein orthopädischer Bürostuhl ist kein erforderliches Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB 5.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Kostenerstattung für zwei Arbeitsstühle.
Der 1949 geborene Kläger beantragte mit Schreiben vom 29. August 1992 bei der Beklagten die Gewährung von zwei orthopädischen Bürostühlen und eine "elektronische Schreibhilfe". Er wies darauf hin, daß das Sozialamt eine Kostenübernahme abgelehnt habe. Dem Antrag des Klägers war in Fotokopie eine Bescheinigung der Ärzte Dres. B/S, B (ohne Datum), beigefügt, wonach der Kläger an einem wiederkehrenden Wirbelsäulensyndrom leide und ärztlicherseits die Benutzung eines geeigneten (orthopädischen) Stuhles erforderlich sei. Mit Bescheid vom 1. September 1992 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, da die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse nicht gegeben sei. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1992 wies der Kläger auf die Beschaffenheit der von ihm ausgewählten Arbeitsstühle hin. Da er bei seiner Arbeit eine größere Tischfläche bedienen müsse und häufiger Verdrehung bei starrem Stuhl ausgesetzt sei, sei eine sitzdynamische Einrichtung zur dynamischen Körperausrichtung unverzichtbar, da sonst weitere Wirbelsäulenschäden drohten. Der Kläger legte jeweils in Fotokopie einen Befundbericht des Arztes für Orthopädie B (15. Oktober 1992) und den Bescheid des Sozialamtes der Stadt B vom 25. September 1992 vor. Mit Bescheid vom 21. Oktober 1992 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, daß die von ihm beantragten Bürodrehstühle nicht als "Hilfsmittel" anzusehen seien und es handele sich bei ihnen um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Mit weiterem Bescheid vom 30. Oktober 1992 bestätigte die Beklagte ihre Auffassung. Der Kläger entgegnete mit Schreiben vom 4. November 1992 an die Beklagte, die Stühle seien Ausstattung seiner Arbeitsplätze als Künstler -- Maler, Graphiker, Textarbeit und demnächst EDV-Arbeit --. Der Arbeitsplatz in seiner Wohnung befinde sich in einer ergonomisch ungeeigneten Ausstattung. Er benötige die Stühle, um seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten und zu bessern und um weiterer Schädigung vorbeugend entgegenzuwirken. Mit Schreiben vom 15. Dezember 1992 mahnte der Kläger eine positive Entscheidung über den Leistungsantrag bei der Beklagten an und legte ua zwei weitere Bescheinigungen seiner behandelnden Ärzte Dres. B/S vom 21. September 1992 und vom 23. November 1992 vor. Die Widerspruchsstelle der Beklagten entschied mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 1993, daß die beantragten Bürostühle nicht erforderlich seien, um eine körperliche Behinderung auszugleichen, sondern sie dienten ausschließlich zur Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers. Es handele sich damit nicht um eine Leistung, für die die Beklagte einzustehen habe.
Der Kläger hat am 7. April 1993 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, die entsprechenden Stühle seien von seinen behandelnden Ärzten Dr. B und Dr. B verordnet worden. Die Stühle setzten unmittelbar bei den durch Krankheit oder Behinderung drohenden Funktionsausfällen an, sie sollen ein Funktionsdefizit kompensieren und drohenden weiteren Schäden vorbeugen. Es habe sich gezeigt, daß die Schmerzzustände aus Überlastung in ungeeigneter Situation bis zu 100 % Arbeitsausfall bewirkten, da die Schmerzen die nervös-feinmotorisch besonders sensible Arbeit als Zeichner unmöglich machten. Die Funktion des Sitzens sei für seine Tätigkeit sehr wesentlich. Um die Arbeits- und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, müsse er auf einer optimal der Erkrankung angepaßten Sitzsituation bestehen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22. Juni 1994 abgewiesen, da die Klage wegen Versäumnis der Klagefrist unzulässig sei. Im vorliegenden Fall sei der Widerspruchsbescheid dem Kläger per Einschreiben mit Rückschein am 6. März 1993 zugestellt worden. Die Klagefrist habe daher am 7. März 1993 begonnen und mit Ablauf des 6. April 1993 geendet. Die Klageschrift sei jedoch erst am 7. April 1993 beim SG eingegangen. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht erfüllt, denn aus den vom Kläger gemachten Angaben sei nicht ersichtlich, daß er in der fraglichen Zeit gehindert gewesen sei, selbst die Klage einzulegen oder einen anderen damit zu beauftragen.
Gegen den am 2. Juli 1994 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27. Juli 1994 Berufung vor dem SG Braunschweig eingelegt. Der Kläger wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Er legt einen Befundbericht des Dr. B vom 2. Februar 1994 vor. Nach seiner Auffassung beweise der Bericht, daß die Stühle eine therapeutisch wesentliche Maßnahme seien und ihre medizinische Funktion erfüllten. Er weist darauf hin, daß er die zwei Arbeitsstühle inzwischen erworben habe und legt die entsprechenden Rechnungen (Fotokopien) vom 10. Februar 1993 über 1.367,-- DM und vom 7. Mai 1993 über ...