Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld. Ausbildungsbeihilfe. Zuschuß von Förderungseinrichtungen. monatlich gezahltes Büchergeld
Orientierungssatz
Bei einem von der Studienhilfe monatlich gezahlten Büchergeld in Höhe von 150,00 DM handelt es sich um eine Ausbildungshilfe iS des § 2 Abs 2 S 3 BKGG. Der vom Gesetzgeber gewählte Begriff der "Ausbildungshilfe" macht deutlich, dass darunter nicht nur Hilfen für den allgemeinen Lebensunterhalt zu fassen sind, sondern ebenso auch pauschale Zuwendungen für sonstige Ausbildungszwecke. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn das Büchergeld ausdrücklich für ausbildungsfremde Zwecke gewährt würde.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die rückwirkende Aufhebung einer Kindergeld(Kg)-Bewilligung sowie gegen die daraus hergeleitete Rückforderung der Beklagten.
Sein Stiefsohn O., geboren 1971, begann zum Wintersemester 1992/1993 ein Studium an der Universität H.. Mit Bescheid vom 21. September 1992 bewilligte der Beklagte Kg von Oktober 1992 bis (vorerst) September 1995.
Im Dezember 1993 enthielten sämtliche Bezüge-Abrechnungen des Beklagten im Hinblick auf die vorgesehenen Änderungen des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) ab 01.01.1994 den Hinweis: "Kinderbezogene Bezügeteile ab 01.01.1994 unter Vorbehalt". Außerdem erhielten die Bezügeempfänger im Dezember 1993 ein Informationsblatt, in dem es u.a. wie folgt heißt: "Der Bundestag hat Ende Oktober 1993 ein 1. Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms beschlossen, das ab Januar 1994 zu Einschränkungen beim Kg führt ... Die wesentlichsten Änderungen des Kg-Rechts entnehmen Sie bitte aus dem folgenden Abschnitt II ...
Kein Kindergeld bei bestimmten Einkünften eines Kindes, das das 16. Lebensjahr vollendet hat. ...
Künftig: ... Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und andere Stipendien aus öffentlichen Kassen sind kindergeldschädlich, wenn der Zuschußbetrag 610,-- DM im Monat erreicht; Darlehen werden allerdings nicht angerechnet. ... Im Hinblick auf das noch nicht abgeschlossene Gesetzgebungsverfahren und die ggf auf Grund der Änderungen noch erforderlichen Erhebungen zusätzlicher persönlicher Sachverhalte bei Ihnen und ggf bei einem anderen Kg-Bezieher werden das Kg und die kindergeldabhängigen Bezügebestandteile ... in den vorgenannten Fällen ab Januar 1994 bis auf weiteres unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt. Auf den Vorbehalt in Ihrer Bezügeabrechnung für den Monat Dezember 1993 bzw. in Ihrem Bewilligungsbescheid für Kg, Kinderanteile im Ortszuschlag etc wird besonders hingewiesen. Sie werden darauf hingewiesen, dass sie danach zuvielgewährte Beträge nach Überprüfung zurückzahlen müssen und sich insbesondere nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen können. In diesen Fällen ergehen zu gegebener Zeit besondere Rückforderungsbescheide bzw. -mitteilungen.
Im März 1994 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass O. ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes in Höhe von (geschätzt) 520,-- DM erhalte. Seinem Weiterbewilligungsantrag vom August 1995 fügte er ein Schreiben der Studienstiftung vom 1. Oktober 1992 bei. Daraus geht hervor, dass O. seit 1. Oktober 1992 ein monatliches Stipendium in Höhe von 660,-- DM (inklusive 150,-- DM Büchergeld und 30,-- DM Zuschuß zum Krankenversicherungsbeitrag) erhielt.
Nach Anhörung vom 18. September 1995 forderte der Beklagte vom Kläger mit Bescheid vom 11. Oktober 1995 für die Monate Januar 1994 bis September 1995 gezahltes KG in Höhe von 1.470,-- DM zurück. Zur Begründung führte er aus, seit Januar 1994 seien alle als Zuschuß gewährten Zuwendungen anrechenbar, die einem in Ausbildung stehenden Kind selbst für seinen Lebensunterhalt sowie zur Deckung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausbildung zustünden. Dazu gehöre auch, dass dem Stiefsohn des Klägers gewährte Stipendium, wobei auch Büchergeld und Zuschuß zur Krankenversicherung zur Deckung der Kosten im Zusammenhang mit dem Studium gezahlt würden. Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, das Bücher-Geld in Höhe von 150,-- DM sei als reine Begabtenförderung anzusehen, es werde an alle Studienstiftler gezahlt auch dann, wenn dem Studenten aufgrund der finanziellen Lage der Eltern kein Stipendium zustehe. Es handele sich damit nicht um eine Ausbildungshilfe im Sinne des BKGG. Der Förderungsbetrag sei im Hinblick darauf so niedrig festgesetzt worden, dass der Kläger Kg für O. erhalte. Eine Rückforderung stelle demnach eine doppelte Kürzung des Ausbildungszuschusses dar. Die Auslegung des Beklagten bedeute eine Bestrafung der Eltern für die Begabung ihres Kindes. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 1995 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg hat der Kläger vorgetragen, als Ausbildungsbeihilfen könnten nur solche Leistungen angesehen werden, die vergleichbar den Leistungen nach dem BAföG unter Berücksichtigung und in Anpassung an die finanziellen Verhältnisse gezahlt würden, ...