Entscheidungsstichwort (Thema)

Förderung der beruflichen Bildung. Lehrgangsgebühren. Einvernehmen. Klagebefugnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Teilnehmer an einer Bildungsmaßnahme ist auch insoweit klagebefugt, als streitig ist, ob das Einvernehmen zwischen dem Maßnahmeträger und der Bundesanstalt für Arbeit gemäß § 12 Abs 5 AFuU 1976 (idF vom 9.3.1990) zu Recht nicht erteilt worden ist (Abgrenzung zu LSG Celle vom 26.1.1995 - L 8 Ar 186/94 = Breith 1995, 724).

2. Hinsichtlich der Frage, ob die Beklagte zu Recht das Einvernehmen iS des § 12 Abs 5 AFuU 1976 versagt hat, sind die Gerichte auf eine Willkürkontrolle beschränkt (Anschluß an BSG vom 21.5.1986 - 11b RAr 3/85 SozR 4460 § 16 Nr 3).

3. Der Beklagten steht bei der Beurteilung des besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses iS des § 12 Abs 5 S 2 AFuU 1976 eine Einschätzungsprärogative zu.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Erstattung der Lehrgangsgebühren für die Teilnahme an der Maßnahme "Spiel- und Theaterpädagogik" in vollem Umfang. Die Beklagte hat lediglich 70 vH der Lehrgangsgebühren erstattet.

Die im Jahre 1961 geborene Klägerin (ledig, 2 Kinder) ist gelernte Altenpflegerin. Zuletzt arbeitete sie vom 1. Februar 1988 bis 15. August 1988 in diesem Beruf. Seit dem 16. August 1988 stand sie im Leistungsbezug bei der Beklagten.

Am 20. September 1990 beantragte sie bei der Beklagten die Förderung einer Fortbildung zur Spiel- und Theaterpädagogin bei dem Theaterpädagogischen Zentrum in L. vom 18. Februar 1991 bis 18. Dezember 1992. Die Beklagte bewilligte der Klägerin durch Bescheid vom 11. März 1991 Unterhaltsgeld (Uhg) als Zuschuß ab 18. Februar 1991, sowie durch Bescheid vom 28. März 1991 Lehrgangsgebühren in Höhe von 9.793,-- DM (70 vH der vollen Lehrgangsgebühren in Höhe von 13.990,-- DM). Hiergegen legte die Klägerin am 24. Juni 1991 Widerspruch ein, in dem sie auf ihre berufliche und familiäre Situation hinwies. Da eine Zustellung des Bescheids vom 28. März 1991 nicht nachgewiesen werden konnte, entschied die Beklagte inhaltlich über den Widerspruch und wies diesen durch Bescheid vom 22. August 1991 zurück. Nach § 12 Abs 4 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) vom 23. März 1976 in der Fassung der 18. Änderungsanordnung vom 9. März 1990 (ANBA 1990, 605), würden bei der Klägerin 70 vH der Lehrgangskosten übernommen, da die Maßnahme gemäß § 44 Abs 2 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) notwendig gewesen sei. Eine Erstattung der Kosten in voller Höhe käme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 12 Abs 5 AFuU nicht vorlägen. Es sei kein Einvernehmen mit dem Maßnahmeträger über die Höhe der Lehrgangsgebühren hergestellt worden. An der Maßnahme bestünde kein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse.

Hiergegen hat die Klägerin am 19. September 1991 Klage zum Sozialgericht (SG) Osnabrück erhoben. Dieses hat in der mündlichen Verhandlung am 15. April 1994 den Arbeitsvermittler R. der Beklagten als Zeugen vernommen und sodann die Klage durch Urteil vom selben Tage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht verneint, daß ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse im Sinne des § 12 Abs 5 AFuU an der Teilnahme der Klägerin an der Fortbildung zur Theaterpädagogin bestanden habe. Nach Angaben des Zeugen R. stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, daß die Klägerin auch in ihrem Ausgangsberuf als Altenpflegerin 1991 hätte vermittelt werden können.

Gegen dieses - der Klägerin am 11. Mai 1994 zugestellte - Urteil hat die Klägerin am 14. Juni 1994 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Nachdem der Senat durch Beschluß vom 7. November 1994 der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wegen der versäumten Berufungsfrist gewährt hat, hat die Klägerin im wesentlichen vorgetragen, sie habe nicht mehr in ihrem Ausgangsberuf als Altenpflegerin vermittelt werden können. Auch der Zeuge R. habe vor dem SG ausgesagt, daß sie sich nach seinem Eindruck von dem Beruf der Altenpflegerin vollständig gelöst habe. Das SG habe auch nicht unbeachtet lassen dürfen, daß nach Auskunft des Maßnahmeträgers 17 von den insgesamt 20 Teilnehmern an der Maßnahme in voller Höhe (100 vH der Maßnahmekosten) gefördert worden seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 15. April 1994 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 28. März 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 1991 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Lehrgangsgebühren für die Teilnahme an der Maßnahme "Spiel- und Theaterpädagogik" für den Zeitraum vom 18. Februar 1991 bis 18. Dezember 1992 in voller Höhe zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich nunmehr darauf, daß die Prüfung des besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses im Sinne des § 12 Abs 5 AFuU sich auf die gesamte Maßnahme beziehen müsse. Hierbei hätten die schlechten Vermittlungschancen für die Teilnehmer an d...

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