Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Arbeitslosenhilfe. Abzweigung. Selbstbehalt. Düsseldorfer Tabelle

 

Orientierungssatz

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Bundesanstalt für Arbeit bei der Anwendung des § 48 Abs 1 S 1 SGB 1 von den pauschalierten Unterhaltswerten der Düsseldorfer Tabelle ausgeht. Eine Verpflichtung zur Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO besteht nicht.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen Abzweigungen von Arbeitslosengeld(Alg)- und Arbeitslosenhilfe(Alhi)-Leistungen an die Beigeladene.

Der Kläger war nach vorangegangenem Alg-Bezug vom 22. Juni 1992 bis 17. November 1992 als Fuger beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 17. November 1992 durch Kündigung des Arbeitgebers beendet. Der Kläger meldete sich am 19. November 1992 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Unter dem 24. November 1992 beantragte die Beigeladene, einen angemessenen Teil des Alg gemäß § 48 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) für den Unterhalt des am 28. Juli 1976 geborenen Sohnes M H des Klägers abzuzweigen. Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Oldenburg vom 20. Februar 1989 sei der Kläger zum Unterhalt in Höhe von 335,00 DM monatlich gegenüber seinem Sohn verpflichtet. Dieser Verpflichtung komme er nicht beziehungsweise nicht in vollem Umfang nach.

Durch Bescheid vom 27. November 1992 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab 18. November 1992 für die Anspruchsdauer von 22 Tagen nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 730,00 DM in Höhe von 322,80 DM wöchentlich. Der Anspruch war am 14. Dezember 1992 erschöpft.

Durch Bescheid vom 24. November 1992 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, daß dem Antrag auf Abzweigung entsprochen werden könne. Ab 18. November 1992 werde ein Betrag von 57,42 DM wöchentlich aus der Alg-Leistung an den Kläger abgezweigt. Der Kläger erhielt eine Durchschrift dieses Bescheids zur Kenntnisnahme.

Der Kläger legte hiergegen am 23. Dezember 1992 Widerspruch ein und wies zur Begründung darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Fall einer Abzweigung nach § 48 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) von der Pfändungstabelle der Zivilprozeßordnung (ZPO) auszugehen sei. Dies habe zur Folge, daß von einem monatlichen Selbstbehalt von 1.209,00 DM und nicht von 1.150,00 DM nach der Düsseldorfer Tabelle ausgegangen werden müsse.

Unter dem 2. Dezember 1992 beantragte der Kläger die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi). Dem entsprach die Beklagte durch Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 1993. Danach erhielt der Kläger ab 14. Dezember 1992 Alhi in Höhe von 274,80 DM wöchentlich nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 730,00 DM.

Zuvor hatte die Beklagte der Beigeladenen unter dem 11. Januar 1993 mitgeteilt, daß sich der Abzweigungsbetrag ab 14. Dezember 1992 nunmehr auf 9,42 DM wöchentlich belaufe. Eine Durchschrift dieses Bescheids erhielt der Kläger zur Kenntnis.

Durch Bescheid vom 1. April 1993 setzte die Beklagte die Höhe des Abzweigungsbetrags ab 1. Januar 1993 auf wöchentlich 64,62 DM fest und zweigte zusätzlich einen einmaligen Betrag in Höhe von 394,85 DM von einer Alg-Nachzahlung in Höhe von 3.663,55 DM ab.

Durch Bescheid vom 8. April 1993 setzte die Beklagte die Alhi-Leistung für den Kläger ab 1. Januar 1993 auf der Grundlage eines wöchentlichen Bruttoarbeitsentgelts von 910,00 DM auf 330,00 DM fest. Ab 13. April 1993 nahm der Kläger wieder eine Beschäftigung auf.

Durch zwei Bewilligungs-Änderungsbescheide vom 1. April 1993 erkannte die Beklagte Nachzahlungen von Alg für die Zeit vom 18. November bis 12. Dezember 1992 in Höhe von 233,20 DM und von Alhi für die Zeit vom 14. Dezember bis 31. Dezember 1992 in Höhe von 145,60 DM dem Kläger zu. Gleichzeitig setzte sie Abzweigungsbeträge in Höhe von 72,39 DM beziehungsweise 145,60 DM fest.

Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 1993 als unbegründet zurück. Die Beklagte habe nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzen, welcher Betrag von den Leistungen des Klägers einzubehalten und abzuführen sei. Dem Antrag der Beigeladenen habe entsprochen werden müssen, weil es im Interesse des Sohnes des Klägers liege, daß dieser Geldbeträge erhalte, mit denen er seinen Unterhalt bestreiten könne. Andererseits sei sicherzustellen, daß auch der Kläger selbst nicht in eine Lage geraten, die seinen eigenen Unterhalt gefährde. Der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Betrag sei auf der Grundlage der Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln. Danach sei für einen Alleinstehenden ein Selbstbehalt von monatlich 1.150,00 DM, wöchentlich 265,38 DM, anzunehmen. Da der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt wöchentliche Leistungen in Höhe von 322,80 DM erhalten habe, sei ein Abzweigungsbetrag von wöchentlich 57,42 DM zu ermitteln. Der Umstand, daß der Selbstbehalt in früheren Zeiten nach der Pfändungstabelle der ZPO ermittelt worden sei, hindere die Beklagte nicht, den Selbstbehalt nunmehr nach den Grundsätzen der Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln.

Der Kläger hat gegen den...

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