Entscheidungsstichwort (Thema)
Untätigkeitsklage. Anspruch auf sachliche Bescheidung
Orientierungssatz
Ein Versicherter hat keinen Anspruch auf sachliche Bescheidung iS des § 88 Abs 1 S 1 SGG, wenn der beantragte Bescheid keine materiell-rechtlichen Rechtswirkungen für ihn haben kann.
Tatbestand
Der Kläger begehrt festzustellen, daß für ihn ab 1. Juli 1946 eine Pflichtversicherung zur Kranken- und Rentenversicherung aufgrund des Arbeitsplatzschutzgesetzes und aufgrund des Schwerbeschädigtengesetzes fortbestanden habe.
Der am 9. November 1922 geborene Kläger ist als Altersruhegeldbezieher versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Auf Antrag des Klägers erstellte die Beklagte unter dem 6. September 1991 eine Bescheinigung über Versicherungszeiten, wonach der Kläger wie folgt bei der beklagten Kasse gemeldet war bzw ist:
04. April 1938 bis 01. Oktober 1941, Arbeitgeber: Molkerei 18. Januar 1968 bis 30. November 1968, Rentenantragsteller, 01. Dezember 1968 bis laufend Rentner.
Der Kläger war mit dieser Bescheinigung nicht einverstanden und teilte dies der Beklagten mit Schreiben vom 20. September 1991 mit. Die Beklagte teilte dem Kläger unter dem 24. September 1991 mit, daß die Bescheinigung von Mitglieds- oder Versicherungszeiten eine Auskunft im Sinne des § 15 Sozialgesetzbuch X -- SGB X -- sei, von der keine unmittelbare rechtliche Wirkung ausgehe. Nach ihren Feststellungen habe bereits ab 5. Oktober 1942 für den Kläger eine Beschäftigung als Angestellter auf dem Fliegerhorst bestanden. Er sei bei der Betriebskrankenkasse des Reiches krankenversichert gewesen. Das Ende dieser Beschäftigung sei allerdings nicht bekannt. Unter dem 10. November 1992 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß gegen die Auflösung seiner Mitgliedschaft ab 1. Oktober 1941, die ihm erstmalig durch das Schreiben der Beklagten vom 6. September 1991 bekannt geworden sei, "jedes mögliche Rechtsmittel mit dem Antrag ergehen soll, die notwendige Sozialversicherung ab 1. Oktober 1941 aufrecht zu erhalten." Mit Schreiben vom 9. Dezember 1992 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß aus den vorhandenen Mitgliedsunterlagen nur die bereits bescheinigten Versicherungszeiten ersichtlich seien. Es sei allerdings zu bemerken, daß insbesondere Unterlagen aus den Kriegsjahren nicht vollständig vorhanden seien.
Der Kläger hat am 13. Oktober 1993 "Untätigkeitsklage" vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Er hat beantragt, die im Jahre 1938 gegründete Sozialversicherung aufgrund des Arbeitsplatzschutzgesetzes nach der im Jahre 1946 erfolgten Entlassung aus der damaligen Deutschen Wehrmacht aufrecht zu erhalten. Selbst die Beklagte habe erwidert, sie habe den Kläger mit verschiedenen Schreiben Auskunft über die zurückgelegten Mitgliedszeiten bei der AOK Friesland gegeben (zB Bl 27, 32 und 75 VA). Bei ihrem Schriftwechsel mit dem Kläger betreffend die Klärung von Versicherungszeiten handele es sich um Auskünfte im Sinne des § 15 Sozialgesetzbuch -- Allgemeiner Teil -- SGB I --.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13. März 1996 abgewiesen, da sie unbegründet sei, denn die Beklagte habe weder das Recht noch die Pflicht, im Falle des Klägers tätig zu werden. Der Kläger habe nach seinem Einzug zur Wehrmacht für die damit beendete Tätigkeit als Arbeitnehmer unstreitig kein Entgelt mehr erhalten. Die Beklagte könne als Einzugsstelle nur Sozialversicherungsbeiträge auf Entgelt erheben und nur insofern könne sie dann auch ein zugrunde liegendes Versicherungsverhältnis prüfen. Daß von dem seinerzeitigen Arbeitgeber (und zwar nach dem 29. April 1946) Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden können, habe der Kläger im übrigen selbst nicht angenommen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 25. April 1996 zugestellte Urteil am 26. April 1996 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, die erforderliche Sozialversicherung nach der Wehrmachtentlassung vom 29. April 1946 sei aufrecht zu erhalten. Entgegen den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils führe die Einberufung zur Wehrmacht nicht zur fristlosen Entlassung aus der "geschützten schwerbeschädigten Berufstätigkeit". Das Arbeitsplatzschutzgesetz habe niemals die Beendigung einer Arbeitnehmertätigkeit, insbesondere einer Sozialversicherung ohne ordnungsgemäße Abmeldung, zugelassen. Bis zur Abmeldung seien die Beiträge für die Gesamtsozialversicherung grundsätzlich zum Einzug zu bringen.
Im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem Berichterstatter des Senats hat der Kläger vorgetragen, er sei von Februar 1942 bis Februar 1945 im Fliegerhorst als Angestellter tätig gewesen. Er habe bis 30. Juni 1945 Gehalt bezogen. Aufgrund dieser Beschäftigung sei er Mitglied der Betriebskrankenkasse des Deutschen Reiches gewesen. Eine Kündigung und Entlassung sei nie vorgenommen worden, auch keine Abmeldungen zur Sozialversicherung. Nach Kriegsende habe er sich bis April 1946 in britischer Gefangenschaft befunden, nach deren Entlassung -- ab 1. Juli 1946...