Entscheidungsstichwort (Thema)
Bundeserziehungsgeld. jugoslawische Staatsangehörige. Erforderlichkeit einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung. Verfassungsmäßigkeit. Europäisches Gemeinschaftsrecht
Orientierungssatz
Die Vorschrift des § 1 BErzGG aF ist nach Ansicht des erkennenden Senats sowohl mit dem Grundgesetz als auch mit Europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar.
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um die Frage geführt, ob für die ... 1999 in D geborene N I (N.) in deren ersten Lebensjahr Erziehungsgeld (Eg) zu gewähren ist.
Die 1967 geborene Klägerin und Antragstellerin jugoslawischer Staatsangehörigkeit heiratete 1994 im Kosovo den Diplom-Chemiker A I (A.) aus P. Aus dieser Ehe ist N. hervorgegangen. Die Eltern kamen im August 1994 und im November 1995 auf dem Land- bzw. auf dem Luftwege in die Bundesrepublik Deutschland. Mit einer Arbeitserlaubnis des Arbeitsamtes V arbeiteten sie in der Folgezeit bei der Firma M in H. Die Anerkennung als Asylberechtigte wurde ihnen versagt. Bei A. stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge jedoch fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Ausländergesetz (AuslG) vorlägen (Bescheid vom 12.09.1994). Anfang 1995 erteilte ihm der Beklagte eine Aufenthaltsbefugnis, die er mehrfach zuletzt bis Januar 2003 verlängerte. Im September 2001 war A. auf seinen Antrag deutscher Staatsbürger geworden. Auch die Klägerin hatte eine Aufenthaltsbefugnis erhalten, die der Beklagte mehrfach, zuletzt bis 8. Februar 2003 verlängert hatte.
Nach der Geburt von N. Anfang 1999 beantragte die Klägerin im Mai 1999 Eg, das ihr der Beklagte mit der Begründung versagte, sie sei nur im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis (Bescheid vom 25. Mai 1999).
Im Vorverfahren machte die Klägerin geltend, der Beklagte müsse auf die Aufenthaltsbefugnis ihres Ehemannes abstellen, der politisch Verfolgter sei. Die EWG-Verordnung 1408/71 (EWGV 1408/71) müsse zu ihren Gunsten angewandt werden. Nach Artikel 2 des Zusatzprotokolls zum Europäischen Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 (EFA) stehe ihr Eg auch als Fürsorgeleistung zu, die zum Zwecke der Vermeidung von Abtreibung erbracht werde. Schließlich sei die Ausgrenzung der Konventionsflüchtlinge und ihrer Ehegatten aus dem Kreis der Berechtigten im Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) verfassungswidrig. Die Bezirksregierung W wies den Widerspruch der Klägerin zurück. Sie vertrat die Ansicht, dass die EWGV 1408/71 auf rein innerstaatliche Fälle ohne Auslandsbezug -- wie den vorliegenden -- nicht anzuwenden sei. Die Vertragsstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention seien im Übrigen nicht verpflichtet, Flüchtlinge ihren Staatsangehörigen gleichzustellen, soweit es um die Gewährung von Sozialleistungen gehe. Das Eg werde aus Steuermitteln finanziert. Dass in Deutschland der Bezug von Eg an den Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis geknüpft werde, sei schließlich nicht verfassungswidrig (Widerspruchsbescheid vom 11.08.1999).
Im Klageverfahren hat die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt. Kindern von Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, die nicht abgeschoben werden könnten, dürfe Lebenshilfe durch Gewährung von Eg nicht verweigert werden. Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat dagegen die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Gesetzgeber zwischen Ausländern, bei denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben würden und Ausländern, die nur aus humanitären Gründen geduldet würden, sachgerecht differenziert habe (Urteil vom 02.02.2001).
Im anschließenden Berufungsverfahren verfolgt die Klägerin, die zwischenzeitlich eine bis September 2004 befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten hat, ihr Leistungsbegehren weiter.
Sie beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 2. März 2001 und den Bescheid des Beklagten vom 25. Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1999 aufzuheben,
2. den Beklagten zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 3. April 1999 bis 2. April 2000 Erziehungsgeld zu gewähren,
hilfsweise, den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die Vorschrift des § 1 Abs. 1a Satz 1 Bundeserziehungsgeldgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil des SG Oldenburg für zutreffend.
Zum Verfahren beigezogen wurden die die Klägerin betreffenden Vorgänge des Beklagten und die Akten der Ausländerbehörde, die die Eheleute I betreffen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und anschließenden Beratung.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und somit zulässig.
In der Sache ist sie unbegründet.
Zutreffend haben es der Beklagte und das SG Oldenburg abgelehnt, der Klägerin Eg für den Zeitraum vom 3. April 1999 bis 2. April 2000 zuzubilligen. Die Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 1 BErzGG i. d. F. der Bekanntmachung der Ne...