Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Ruhen. Sperrzeit. Ablehnung. Bildungsmaßnahme. Beginn der Sperrzeit
Leitsatz (amtlich)
Die Sperrzeit wegen Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme (§ 119 Abs 1 S 1 Nr 3 AFG bzw § 144 Abs 1 Nr 3 SGB 3) beginnt kalendermäßig nicht am Tage nach der Ablehnung durch den Arbeitslosen, sondern mit dem vorgesehenen Beginn der Fortbildungsmaßnahme.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) nach Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit wegen Ablehnung einer Fortbildungsmaßnahme.
Die 1960 geborene Klägerin hat im Jahr 1985 die Lehramtsprüfung bestanden und im Juli 1987 die Ausbildung zur Bankkauffrau erfolgreich absolviert. Anschließend war sie bis August 1990 bei einer Bank beschäftigt. Seitdem war sie wegen Schwangerschaft, Geburt und Erziehung von zwei Kindern nicht mehr erwerbstätig. Sie bezog zuletzt von der Beklagten Alg in Höhe von DM 260,40 wöchentlich (Bewilligungsbescheid vom 5. Juli 1994).
Mit Schreiben vom 19. August 1994 bot die Beklagte der Klägerin unter Zusage der Förderungsbedingungen die Teilnahme an dem Fortbildungslehrgang "EDV-Stufenausbildung" vom 1. September 1994 bis zum 28. Februar 1995 an. Dies lehnte die Klägerin am 19. August 1994 mit der Begründung ab, sie möchte zunächst versuchen, in ihrem alten Beruf einen Arbeitsplatz zu finden, weil eine Tätigkeit im EDV-Bereich nicht ihren Berufsvorstellungen entspreche.
Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29. August 1994 den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 20. August 1994 bis zum 11. November 1994 sowie die Minderung der Anspruchsdauer um 72 Tage fest. Sie verwies ferner auf einen Bewilligungsbescheid vom 26. August 1994, mit dem der Klägerin die Fortzahlung von Alg ab 12. November 1994 mitgeteilt wurde. Die Leistungen hatte die Beklagte davor zum 20. August 1994 eingestellt.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, die Fortbildungsmaßnahme sei nicht zumutbar, weil diese im Wesentlichen die Kursinhalte eines im Jahre 1986 bereits absolvierten EDV-Kurses beinhalte. Der Lehrgangsinhalt sei ferner in der beruflichen Praxis der Banken sowie Lehramtsausbildung nicht erforderlich. Sie benötige allenfalls eine Woche Praxiseinsatz, um wieder mit der EDV arbeiten zu können. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1994 als unbegründet zurück.
Mit Urteil vom 19. Februar 1999 hat das Sozialgericht (SG) Osnabrück die Klage abgewiesen. Eine zwölfwöchige Sperrzeit sei nach §§ 119 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm 119a Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) eingetreten, weil die Klägerin trotz Belehrung über die Rechtsfolgen und ohne wichtigen Grund sich geweigert habe, an einer zumutbaren Maßnahme der beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung teilzunehmen. Das Fortbildungsangebot sei formell und materiell rechtmäßig. Die Klägerin sei seit August 1990 faktisch beschäftigungslos gewesen und zwecks Erweiterung der Vermittlungsmöglichkeiten auf den gesamten Bürobereich auf eine Anpassung bzw Fortentwicklung ihrer EDV-Kenntnisse angewiesen. Nach der Zumutbarkeitsanordnung hätte die Klägerin wegen der Dauer der Arbeitslosigkeit für einfache Anlerntätigkeiten vermittelt und somit auch für Bildungsmaßnahmen auf der entsprechenden Ebene vorgeschlagen werden können.
Mit ihrer Berufung wiederholt die Klägerin ihre Einwände gegen die Inhalte der vorgeschlagenen Fortbildungsmaßnahme. Eine Anpassung ihrer EDV-Kenntnisse sei nicht erforderlich gewesen, weil sie bestens mit dem eigenen Familien-PC umgehen könne. Ferner habe sie sich durch Gespräche mit dem Ehemann, der umfangreich mit EDV aus der Bürowelt zu tun habe, fortgebildet. Die Beklagte hätte mehrere Fortbildungsmöglichkeiten anbieten und ihr eine Auswahl an passenden Maßnahmen überlassen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 19. Februar 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. August 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 1994 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Arbeitsamtes N (StammNr:) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, weil sie den Wert des Berufungsgegenstandes von DM 1.000,00 übersteigt. Sie ist auch sonst zulässig. Die Klägerin hat durch Einlegung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zugang des erstinstanzlichen Urteils die Berufungsfrist gewahrt (§ 151 Abs 2 Satz 1 SGG).
Die Berufung ist teilweise begründet. Im Falle der Klägerin ist eine zwölfwöchige Sperrzeit vom 1. September 1994 bis zum 23. November 1994 eingetreten, die zum Ruhen des Leistungsanspruchs ab 1. September 1994 sowie zu einer Minde...