Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Leistungsgewährung an EU-Ausländer. materielles Aufenthaltsrecht als Leistungsvoraussetzung
Orientierungssatz
1. Die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende setzt bei einem Ausländer nicht das Vorliegen eines materiellen Aufenthaltsrechts voraus.
2. Der Leistungsausschluss für Ausländer in Bezug auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende greift nur dann ein, wenn dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht allein zum Zwecke der Arbeitssuche zusteht. Bei Ausübung einer Erwerbsarbeit ist der Leistungsanspruch deshalb jedenfalls dann gegeben, wenn die Tätigkeit nicht lediglich in solch einem Umfang ausgeübt wird, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.01.2015 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ab dem 04.12.2014 bis zur Bestandskraft der Entscheidung über den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 14.11.2014, längstens bis 03.06.2015 Regelleistungen für die Zeit vom 04.12.2014 bis zum 30.12.2014 in Höhe von insgesamt 613,02 EUR, für Januar 2015 von insgesamt 670,80 EUR und für die Zeit ab dem 01.02.2015 in Höhe von 370,80 EUR monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren und die Hälfte der Kosten im Beschwerdeverfahren.
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. M, F, beigeordnet.
Gründe
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen seine einstweilige Verpflichtung zur Erbringung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.
Der am 00.00.1960 geborene Antragsteller zu 1) und die mit ihm verheiratete, am 00.00.1971 geborene Antragstellerin zu 2) sind griechische Staatsbürger. Sie halten sich seit September 2012 (Antragsteller zu 1)) bzw. seit August 2013 (Antragstellerin zu 2)) wieder in der Bundesrepublik auf.
Am 19.08.2014 beantragten sie die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Sie gaben an, dass der Antragsteller zu 1), gelernter Konditor, im September 2012 ein Gewerbe angemeldet und, ohne dies ausgeübt zu haben, im Februar 2014 wieder abgemeldet habe. Die Antragstellerin zu 2) übe ab dem 06.06.2014 eine Beschäftigung im Umfang von 4,75 Stunden wöchentlich bei einem monatlichen Entgelt von 161,50 EUR aus. Bis Dezember 2013 seien ihnen keine Mietaufwendungen entstanden, da sie bei einem Bruder der Antragstellerin zu 2) gewohnt hätten. Ihren Lebensunterhalt hätten sie aus ihren Ersparnissen finanziert. Diese Ersparnisse seien nunmehr verbraucht. Die Antragsteller legten einen Mietvertrag über die Anmietung einer 35 qm großen Wohnung mit einer Kaltmiete von 350,00 EUR, einem Nebenkostenabschlag von 50,00 EUR und einer Heizkostenvorauszahlung von 15,00 EUR für die Zeit ab dem 01.01.2014 vor. Mit Bescheid vom 14.11.2014 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Hiergegen legten die Antragsteller Widerspruch ein.
Am 04.12.2014 haben die Antragsteller beim Sozialgericht die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Grundsicherungsleistungen i.H.v. 656,80 EUR monatlich ab Stellung des Antrags begehrt. Sie seien bedürftig. Im Hinblick auf die abhängige Tätigkeit der Antragstellerin zu 2) bestehe eine mehr als geringfügige Verbindung zum Arbeitsmarkt und daher ein Aufenthaltsgrund, der über den alleinigen Zweck der Arbeitsuche hinausgehe.
Der Antragsgegner ist der Auffassung gewesen, die Tätigkeit der Antragstellerin zu 2) sei weder ihrem Umfang noch dem Ertrag nach geeignet, eine Arbeitnehmereigenschaft zu begründen.
Mit Beschluss vom 13.01.2015 hat das Sozialgericht Düsseldorf den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Kosten der Unterkunft ab dem 04.12.2014 zu gewähren. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 15.01.2015 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 28.01.2015. Er sieht die Hilfebedürftigkeit der Antragsteller nach dem Inhalt der vorgelegten Kontoauszüge als nicht belegt an. Deshalb sowie im Hinblick auf die klärende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Leistungsausschluss bei Aufenthalt alleine zur Arbeitsuche in der Rechtssache Dano - C-333/13 könne im einstweiligen Rechtsschutz nicht im Wege der Folgenabwägung entschieden werden, anderenfalls werde der Wille des Gesetzgebers, im Ergebnis daher der Grundsatz der Gewaltenteilung, missachtet.
Auf Aufforderung des Senats haben die Antragsteller weitere Kontoauszüge, eidesstattliche Versicherungen betreffend ihrer Mittellosigkeit, einen ab dem 01.02.2015 laufenden Arbeitsvertrag über die Einstellung des Antragstellers zu 1) als Konditor/Betriebsleiter in der Konditorei seiner Söhne zu 600,00 EUR brutto monatlich bei einer regelmäßigen Arbeitszeit...